Er habe Panik bekommen, sagt der arbeitslose Sanitär Kevin S.* (22) aus Thusis GR. «Plötzlich sah ich die Polizei hinter mir. Ich stieg aufs Gas. Alles ging so schnell. Als ich auf den Tacho schaute, war die Nadel schon bei 100.»
Es ist Donnerstagmittag letzter Woche. Der Mann, den BLICK-Leser als «Schrecken von Thusis» kennen, und sein Kollege (27) flüchten vor der Polizei, weil sie kurz zuvor einen unschuldigen Autofahrer abgeschossen haben. Danach tauschen sie die geklauten SG- gegen ebenfalls gestohlene GR-Autonummern aus. Die Stadtpolizei Chur ist schlauer, nimmt die Verfolgung auf.
«Ich weiss nicht mehr genau, was sich abspielte»
Kevin S. hat keinen Führerausweis. Als er in eine Einbahnstrasse einbiegen will, verpasst er die Kurve. Erwischt einen Kandelaber. «Ich weiss nicht mehr genau, was sich dann abspielte. Ich stand unter Schock, hatte ganz weiche Knie. Ich rannte davon.» Er schafft es bloss 50 Meter weit.
Für seine Flucht hat Kevin eine lange Liste guter Gründe.
Er und sein Kollege knackten in den letzten Wochen in Graubünden den Denner-Satelliten in Paspels, das Velogeschäft von Pratval und das Klubhaus des FC Cazis. Der Kumpel war Mitte Juni aus der offenen Anstalt Saxerriet SG getürmt.
Auch Kevin sass dort schon. Die Strafkammer des Bezirksgerichts Hinterrhein verurteilte ihn am 3. Februar 2009 zu dreieinhalb Jahren Freiheitsstrafe. Unbedingt. Erst seit ein paar Monaten ist er wieder frei.
Lange Vorstrafenliste
Kevin war der Kopf einer Bande, die monatelang Thusis terrorisierte. Im Internet posierte er damals mit einer Pistole, beschimpfte «Konkurrenten» als «Möchtegern-Gangster». Mehrfacher Raub, Drohung, Gewalt und Drohungen gegen Beamte sowie Diebstahl sind nur ein paar seiner Delikte.
«Ich glaube, ich habe schon etwas gelernt im Gefängnis», sagte Kevin S. gestern. Ein Beispiel fällt ihm nicht ein.
«Wir drehten ein paar Runden durch Chur. Es war grossartig, wieder mal am Steuer zu sitzen», sagt er über die Spritzfahrt. «Erst als sie mich packten, war mir bewusst, was ich angestellt hatte. Zum Beispiel, dass ich meinen Job als Sanitär wohl verlieren werde.» Kevin sass ein paar Tage in U-Haft. Ist schon wieder frei, weil er gestanden hat. Das Verfahren läuft.