Aus der ganzen Welt pilgern Downhill-Skater an den Heinzenberg bei Thusis GR. Die Strecke vom Glaspass (1846 m ü.M.) hinunter über Tschappina, Urmein bis nach Masein (865 m ü.M.) wird im Netz seit Jahren angepriesen – als «schöne Abfahrt mit langen Speed-Teilen und engen Kurven». Am Samstag kam es dann zum schrecklichen Drama. José D.* (†23) prallte auf seinem Skateboard frontal in ein bergauf fahrendes Auto (BLICK berichtete).
Der junge Mann verstarb noch auf der Unglücksstelle. Vermutlich trägt er allein die Schuld. Die Lenkerin war korrekt auf ihrer Spur. Staatsanwalt Franco Passini sagt: «Der Verstorbene fuhr über die Strassenmitte hinaus. Der genaue Hergang wird untersucht.»
Kollegen können sich Unfall nicht erklären
Wieso José D. auf die andere Seite kam, ist für die anderen in der Gruppe, die mit ihm unterwegs waren, ein Rätsel. «Ich fuhr vorne und passierte das Auto ohne Probleme. Auch zwei Fahrer nach mir blieben auf ihrer Seite und kreuzten das Auto. Erst José fuhr auf die andere Seite und in das Auto», sagt der Zeuge zu BLICK.
José D. habe vor einiger Zeit mit ihm Kontakt aufgenommen und kam dann in die Schweiz. «Wir fuhren zuerst mit ihm, um zu sehen, wie gut er fahren kann. Unser Eindruck war, dass er weiss, was er tut und das Brett unter Kontrolle hat.» Sicherheit stehe beim Downhill-Skaten an erster Stelle. Wenn man es richtig mache, sei es auch keine Risikosportart, sagt der Skater zu BLICK.
«Auf öffentlichen Strassen haben Skater nichts verloren»
Das sehen einige Einheimische allerdings anders. Für viele sind die Downhill-Skater schon länger ein Ärgernis. «Es war nur eine Frage der Zeit, bis etwas passierte», sagt ein Anwohner aus Tschappina GR zu BLICK. Er fährt mehrmals am Tag mit seinem Transporter aus der Einfahrt in die Strasse. Immer mit einem mulmigen Gefühl, da die Skater blitzschnell um Kurven schiessen.
«Ich habe die Polizei mehrfach darauf hingewiesen, ohne Erfolg.» Der Einheimische stellt klar: «Ich finde den Sport toll.» Aber: «Auf öffentlichen Strassen haben die Skater nichts verloren.»
Auch Simon Gartmann (56), Gemeindepräsident aus Tschappina, kennt das Problem. «Mehrmals hat mich die Bevölkerung darauf hingewiesen», sagt er. Doch ihm sind die Hände gebunden, da es sich bei der Abfahrt um eine Kantonsstrasse handelt. Gartmann sah die Gruppe am Sonntag: «Sie fuhren den ganzen Nachmittag auf dem Abschnitt Tschappina/Urmein», sagt er und fügt an: «Es ist tragisch.» Er hat vor allem Mitleid mit der Lenkerin: «Sie muss jetzt damit leben, obwohl sie keine Schuld trifft.»
Der Präsident stellt klar: «Von der Gemeinde aus würden wir gesetzliche Einschränkungen auf Kantonsebene begrüssen.» Er hofft, dass nach dem Unfall weniger Skater an den Heinzenberg pilgern.
Laut Gesetz dürfen Downhill-Skater auf Nebenstrassen
Die Polizei kann momentan wenig machen. Der Extrem-Sport birgt zwar Risiken, ist in der Schweiz aber legal: Skateboards gelten laut Verkehrsregeln-Verordnung (VRV) als fahrzeugähnliche Geräte wie Inline-Skates und Trottinetts. Heisst konkret: Waghalsige dürfen laut Gesetz auf einer verkehrsarmen Nebenstrasse ohne Trottoir fahren. So wie dies am Heinzenberg der Fall ist.
*Name der Redaktion bekannt