Für Belüftungsexperte Erich Lüscher (80) ist klar: «Der Isla-Bella-Tunnel ist eine Todesfalle!» Seine eigene Frau Doris (76) verunfallte vor zwei Jahren in der Gegenverkehr-Röhre auf der A13. Gegen den drohenden Ausweisentzug wehrte sich das Ehepaar vor dem Bündner Verwaltungsgericht.
Denn der Crash geschah unter Einfluss eines wohlbekannten Phänomens: «Innerhalb von zwei, drei Sekunden war die ganze Scheibe von innen beschlagen. Ich sah gar nichts mehr», erklärt Doris Lüscher. Immer wieder kommt es im Isla Bella dazu – vor allem in der kalten Jahreszeit. Allein in den zehn Jahren vor 2014 kam es deswegen zu mindestens acht Unfällen, wie die Bündner Regierung herausfand.
Weil Gegenverkehr herrscht, gibt es keinen Durchzug. Die warme Luft bleibt im Tunnel hängen. Erich Lüscher analysiert: «Das Phänomen kommt nur von Oktober bis März vor, wenn die Aussentemperaturen unter fünf Grad liegen.» Die genauen Auslöser seien unbekannt und müssten dringend erforscht werden.
«Das Problem wurde kaum behandelt»
Trotzdem muss Lüscher nun ihren Ausweis für einen Monat abgeben. Trotz der schlechten Sicht trage sie eine Mitschuld am Unfall, befand das Gericht: «Wer ohne jede Sicht und ohne Bremsmanöver durch einen Nationalstrassentunnel mit Gegenverkehr fährt, gefährdet ganz offensichtlich die übrigen Verkehrsteilnehmer in erheblichem Masse», so das Urteil.
Für Experte Lüscher ein Hohn: «Das eigentliche Problem, die Sicherheit, wurde kaum behandelt. Aber einen Weiterzug wollen wir uns wohl nicht leisten.»
Obwohl die Richter das Ehepaar abblitzen lassen, will das Bundesamt für Strassen (Astra) jetzt handeln: Im Isla Bella soll ein Sicherheitsstollen gebaut werden. Dieser liesse sich im Brandfall als Fluchtweg nutzen. Danach soll der bestehende Tunnel aus- und umgebaut werden.