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Stellenvermittler belästigte Dutzende Frauen
Warum wird der Online-Stalker nicht gestoppt?

Ein Thuner Stellenvermittler belästigt Frauen über das Internet. In der Schweiz ist es schwierig, solchem Online-Stalking Herr zu werden, sagt eine Expertin. Und fordert strengere Gesetze.
Publiziert: 13.03.2019 um 23:01 Uhr
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Im Namen eines Thuner Stellenvermittlungsbüros machte ein 39-Jähriger einer arbeitslosen 23-Jährigen ein unseriöses Jobangebot als seine Sado-Maso-Partnerin.
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Michael Sahli

Michael F.* (39) belästigt immer wieder Frauen im Internet (BLICK berichtete). In der Region Thun BE gibt er sich als Stellenvermittler aus – und macht den Jobanwärterinnen ungefragt einschlägige Angebote. Die 23-jährige Noëmi B.* (23) zeigte ihn wegen sexueller Belästigung an – er wollte sie als seine Domina und ihr dafür 200 Franken pro Stunde zahlen. Michael F. erhielt dafür einen Strafbefehl (Busse: 1200 Franken).

Nur: Er ist mit der Masche schon länger unterwegs – und lässt sich von der Busse wohl nicht stoppen. Weitere Opfer meldeten sich bei BLICK und berichten: Der 39-Jährige schickt in einer Nacht manchmal bis zu 50 Nachrichten. Die bange Frage: Warum wird der Frauenschreck nicht endlich gestoppt?

Opfer überlegen sich gut, ob sie zur Polizei gehen sollen

Natalie Schneiter ist Sozialarbeiterin bei der Fachstelle Stalking-Beratung Bern. Sie weiss, wie schwierig es ist, Tatpersonen dingfest zu machen: «Stalking ist in einem juristischen Graubereich.» Zwar gibt es Handlungen, die illegal sind: «Dazu gehören etwa Drohung, Hausfriedensbruch oder Sachbeschädigung.» Bei reinem Telefon-Terror sei alles schon schwieriger: «Hier könnte man wegen Missbrauch einer Fernmeldeanlage oder wegen Nötigung zur Polizei gehen. Aber es ist ein Bereich, wo es Interpretationsspielraum gibt.»

Gesetzeslücke in Sachen Stalking

Die Expertin stellt fest: «Stalking ist in der Schweiz eine Gesetzeslücke. Reines Nachstellen etwa ist nicht verboten. Aus Opfersicht wäre eine Anpassung der Gesetze eine Entlastung.»

Das dürften auch die Opfer von Möchtegern-Stellenvermittler Michael F. so sehen. Einige Opfer beschreiben, dass sie lange überlegt haben, ob sie überhaupt Anzeige einreichen sollen. Aus Angst, F. könnte in den Polizeiakten dann noch Privatadressen und weitere persönliche Angaben finden. «Trotzdem motivieren wir unsere Klientinnen und Klienten, Anzeige einzureichen», so Schneiter. Nicht immer reiche es aus, den Stalker einfach zu ignorieren.

* Namen geändert

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