Michael F.* (39) möchte unbedingt gefesselt werden. Von wem, das ist ihm egal. Zahlreichen Frauen rund um Thun hat er auf Facebook, Whatsapp und ähnlichen Diensten schon anzügliche Nachrichten geschrieben. Er spricht die Damen gerne mit «Herrin» an – auch wenn er sie gar nicht kennt. Die 23-jährige Noëmi B.* zeigte ihn an wegen sexueller Belästigung, weil er sie als seine Domina wollte und ihr dafür 200 Franken pro Stunde bot. Michael F. erhielt daraufhin einen Strafbefehl mit einer Busse von 1200 Franken.
Sein Unwesen treibt der verzweifelt suchende Mann in Thun schon seit Jahren. Denn rund ein Dutzend weitere Frauen meldeten sich beim BLICK – und das ist wohl nur die Spitze des Eisbergs. Manche wurden über mehrere Jahre zugetextet. «Ich werde seit mindestens zehn Jahren immer wieder von ihm belästigt via Whatsapp, Facebook, SMS und Anrufe», schildert Maria P. «Sperrt man seine Nummer oder seinen Account, macht er wieder neue. Es ist mega mühsam.»
Seine anzüglichen Sex-Nachrichten drehen sich immer um dasselbe Thema: die Sex-Praktik Bondage. Tamara H.* (29) wurde von Michael F. auf Facebook angeschrieben, dort bettelte er etwa: «Bitte, Herrin Tamara, fessle mich.» Als sie ihm klar sagte, dass sie in Ruhe gelassen werden will, antwortete er frech: «Du gehörst einfach mal an die Leine.»
Jobvermittlungsbüro entliess ihn fristlos
Auch Isabelle A.* kann ein Liedchen von Michael F. singen. «Er sucht willkürlich Frauen auf Homepages und über Bekannte. Mir sind konkret zwei Fälle bekannt», schreibt sie. Andrea Z.* pflichtet ihr bei: «Er ist schon seit Jahren bekannt in Thun und belästigt viele Frauen.» Stalking-Opfer Fabienne C.* (28) schätzt, dass es 50 oder mehr Frauen aus der Region sein dürften, die schon Sex-Nachrichten von ihm erhalten haben. «Auf Facebook hat sich mal jemand nach dem komischen Jobvermittler erkundigt, da hagelte es nur so von Kommentaren von Frauen, die Ähnliches erlebt hatten.»
Zwei der Betroffenen, die sich unabhängig voneinander beim BLICK meldeten, wissen, dass Michael F. früher bei der Joker Personal AG in Thun angestellt war – dort wurde er aber genau wegen solcher Geschichten fristlos entlassen. Auf Anfrage sagt David Rüttimann, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Joker Personal AG: «Wir können zum Kündigungsgrund keine Stellung nehmen, denn es lief ein Rechtsverfahren, und wir haben Stillschweigen darüber vereinbart.»
Wie kommt der Mann an die Daten der Arbeitslosen?
Brisant: Michael F. dürfte trotz der Entlassung auf irgendeine Art und Weise noch Zugriff auf die Daten von Arbeitslosen in seiner Region gehabt haben. Noëmi B.* (23) vermutete, dass mit ihrem Einverständnis beim RAV, ihre Angaben auf arbeit.swiss zu stellen, der Whatsapp-Grüsel an ihre Nummer kam.
Laut BLICK-Informationen gründete Michael F. nach der Entlassung eine eigene Jobvermittlungsfirma, die er vor rund einem Jahr aber an die Wand fuhr. Dennoch stellt er sich den Frauen noch als Geschäftsführer vor, abwechselnd im Namen seiner liquidierten Firma oder dem eines Oberländer Consulting-Büros – bei dem er laut Inhaber aber keine Anstellung hat.
Ob und durch wen Michael F. allenfalls immer noch Zugang zu den sensiblen Bewerbungs-Daten von Arbeitslosen auf arbeit.swiss hat, ist den Behörden nicht bekannt. So ist es auch kaum möglich, ihm den Zugriff zu entziehen.
«Jemand muss etwas gegen den Typen unternehmen»
Wie BLICK weiss, haben mindestens drei Frauen Anzeige gegen Michael F. erstattet. Zu Bussen verurteilt wurde er unter anderem wegen sexueller Belästigung, Nötigung und Missbrauch einer Fernmeldeanlage. Doch: Die Vergehen werden von der Staatsanwaltschaft jeweils einzeln geahndet und nicht in einen grösseren Zusammenhang gestellt. Mindestens einmal suchten Polizisten auch das persönliche Gespräch mit Michael F.
Fabienne C. ärgert sich, dass der Mann trotzdem nie gestoppt werden konnte. «Zum Glück schreibt nun der BLICK darüber. Man muss doch mal etwas gegen den Typen unternehmen!»
*Namen geändert.