Ihr Fabio (10) hatte eine Hirnhautentzündung
«Kinderarzt und Spital schickten uns nach Hause»

Der 10-jährige Fabio litt wochenlang unter Kopfschmerzen. Seine Mutter brachte ihn zum Kinderarzt und ins Spital – nur um wieder nach Hause geschickt zu werden. Dann stellt sich heraus: Der Bub hat eine Hirnhautentzündung.
Publiziert: 31.07.2025 um 11:25 Uhr
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Aktualisiert: 31.07.2025 um 16:01 Uhr
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Denise Schmid (33) und ihr Sohn Fabio (10) haben eine Ärzte-Odyssee hinter sich.
Foto: STEFAN BOHRER

Darum gehts

  • Fabio leidet an Hirnhautentzündung, Ärzte erkannten Krankheit spät
  • Mutter verlor Vertrauen in Ärzte nach wiederholten Fehldiagnosen
  • 10-jähriger Junge erhält 40 Minuten täglich Antibiotika-Infusion
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Helena GrafReporterin

Während seine Freunde im Sommerlager spielen oder in der Badi planschen, sitzt Fabio (10) zu Hause in Niederwangen BE – ein dünner Schlauch steckt in seinem Arm, 40 Minuten lang rauscht Antibiotikum in seine Adern. Diagnose: Hirnhautentzündung.

«Immerhin wissen wir jetzt endlich, was mit ihm los ist», sagt seine Mutter Denise Schmid (33). Wochenlang habe ihr Sohn vor Schmerzen geweint – «aber niemand hat uns geglaubt».

Anfang Juni wurde der sonst so aktive Fussball-Enthusiast plötzlich schlapp. Kopfschmerzen raubten ihm den Schlaf. Nach eineinhalb Wochen brachte Schmid ihn in den Kindernotfall des Inselspitals in Bern. «Die Ärztin fragte nur, warum wir nicht zuerst zum Kinderarzt gegangen seien», erinnert sie sich. Bluttests wurden keine gemacht. Obwohl die Mutter darauf drängte. Man schickte die beiden wieder heim.

Auge zugeschwollen

Schmid meldete sich beim Kinderarzt. Dieser nahm Fabio schliesslich Blut ab. Erhöhte Entzündungswerte. Vermutlich ein Infekt, hiess es. Doch die Schmerzen klangen nicht ab.

Als rote Ringe auf Fabios Haut erschienen, verschrieb der Arzt schliesslich Antibiotika gegen Borreliose. Kurz schien es Fabio besser zu gehen – genug, um doch ins Ferienlager zu fahren.

Doch dort spitzte sich sein Zustand weiter zu. Kein Schmerzmittel half mehr. Denise Schmid musste ihr Kind abholen. «Sein rechtes Auge war viel kleiner und geschwollen», erzählt sie.

Zurück also in die Kinderarzt-Praxis. «Die Ärztin meinte bloss, ein Kind könne auch zwei Käfer hintereinander haben», sagt Schmid, fassungslos. Man habe sie wieder nach Hause geschickt, obwohl sie sicher war, dass etwas nicht stimmte. «Ich habe mich ohnmächtig gefühlt, alleingelassen mit meiner Angst um ihn.»

Jeden Tag eine Infusion

Am nächsten Morgen war die halbe Gesichtshälfte geschwollen. Wieder zum Kinderarzt, man schickte sie direkt ins Inselspital. Diesmal wurde Fabio untersucht. Blutproben und MRI. Schliesslich die bittere Gewissheit: Neuroborreliose – Hirnhautentzündung. Verursacht durch einen Zeckenstich.

Eine Woche lag Fabio auf der Kinderstation, konnte nicht sprechen, kaum laufen, Licht tat ihm weh. «Ich schob ihn im Rollstuhl ins Freie – selbst die Sonne brannte in seinen Augen», erzählt Schmid.

Fabio (10) ist leidenschaftlicher Fussballspieler. Seit eineinhalb Monaten kann er nicht mehr ins Training gehen.
Foto: STEFAN BOHRER

Seit Freitag ist Fabio wieder daheim, die Kinder-Spitex verabreicht täglich die Infusion. Wann er wieder mit seinen Freunden Fussball spielen kann, ist ungewiss.

Denise Schmid hat indes ihr Vertrauen in die Ärzte verloren.«Hätte man früher genau hingeschaut, müsste er das alles nicht durchmachen.» Für die Mutter ist klar: «Zu diesem Kinderarzt gehe ich nie mehr!»

Blick hat die Kinderarzt-Praxis mit den Vorwürfen konfrontiert – ohne eine Antwort zu erhalten. Das Inselspital Bern erklärt, man verstehe die Sorge und Belastung der Familie. «Die Einschätzung von Eltern ist für uns wertvoll und wird in die medizinische Beurteilung einbezogen», teilt die Medienstelle mit.

Dennoch sei es richtig gewesen, keine Blutuntersuchung anzuordnen, als Fabio zum ersten Mal in die Notaufnahme kam. «Die frühen, unspezifischen Symptome sind für eine Borreliose typisch, klinisch lässt sich diese Erkrankung in dieser Phase in aller Regel nicht erkennen.»

Fabios Geschichte ist kein Einzelschicksal. Anduena Rusiti (33) ging mit ihren knapp einjährigen Zwillingen ins Luzerner Spital, weil beide hohes Fieber und Husten hatten. Die Ärzte nahmen zuerst nur einen der beiden auf.

Der andere, Nelian, wurde nach Hause geschickt, wo sich sein Zustand verschlimmerte. Erst am Tag darauf wurde auch er eingewiesen – doch er starb kurz darauf. Rusiti erzählte gegenüber Blick: «Ich wurde als hysterische Mutter abgetan.»

«Ich hatte Angst, dass mein Sohn zu Hause stirbt!»

Das Kantonsspital St. Gallen entliess letzten Herbst den vierjährigen Andrej gleich zweimal – obwohl der Bub an einer Lungenentzündung litt. Seine Mutter war verzweifelt. «Ich hatte Angst, dass mein Sohn zu Hause stirbt!» Der Kinderarzt stellte schliesslich die richtige Diagnose. Andrej erholte sich.

Auch Denise Schmid hofft, dass Fabio die Krankheit bald überstanden hat. Sie ist zuversichtlich: «Ich glaube, er wird wieder ganz der Alte.»

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