Es ist das wohl traurigste Schweizer Volkslied: «Ds Vreneli ab em Guggisbärg». Doch Vrenelis Heimat, das Bauerndorf Guggisberg BE, hat keinen Grund mehr, Trübsal zu blasen. Denn die Gemeinde schwimmt plötzlich im Geld!
Dank dem Glück einer Einwohnerin, die im Jahr 2016 Lotto gespielt hat – und den Jackpot knackte. Wann genau, weiss auch im Dorf niemand – auch nicht, wie viel sie plötzlich auf dem Konto hatte. Aber es muss laut «Berner Zeitung» ein zweistelliger Millionenbetrag gewesen sein.
Budget im Plus statt im Minus
Den muss die Gewinnerin natürlich versteuern. Und so war es eine dicke Überraschung an der diesjährigen Gemeindeversammlung: Für einmal konnte beim Budget ein sattes Plus von über 1,6 Millionen Franken präsentiert werden – anstelle des ursprünglich budgetierten Minus von 144'000 Franken. Eine riesige Summe für den Ort mit gerade mal rund 1500 Einwohnern.
Fast 1,9 Millionen Franken mehr Steuern hat Guggisberg im vergangenen Jahr eingenommen. Ein zweistelliger Millionenbetrag aus dem Lotto wurde im Juni 2016 an einen Glückspilz ausgeschüttet: exakt 19 Millionen, 705'765 Franken und 10 Rappen. Ging er nach Guggisberg?
«Weder Neid noch Missgunst»
Auf den Strassen des beschaulichen Bauerndorfs sprechen die Einheimischen nicht gerne über das Thema. Das sei «heikel», heisst es. Schnell huschen die wenigen Passanten auf der Strasse davon. Niemand will sich exponieren. Aber wer die glückliche Gewinnerin ist, hat sich bereits herumgesprochen. Man möge es ihr und ihrem Mann aber von Herzen gönnen, heisst es überall.
«Es ist weder Neid noch Missgunst zu spüren», sagt ein Handwerker, der die Gewinnerin kennt. «Die Leute, die gewonnen haben, arbeiten immer noch.» Sie hätten ihr Haus ausbauen können. «Und sie hat sich eine Villa am Schwarzsee gekauft.» Man freue sich hier mit ihnen.
«Zehren so lange, wie es geht»
Gemeindepräsident Hanspeter Schneiter (parteilos) sagt: «Wir freuen uns natürlich über den Zustupf, aber im Luxus leben wir trotzdem nicht! Wir müssen haushälterisch mit dem Geld umgehen – und sind nach wie vor auf den Finanzausgleich angewiesen.»
Dennoch: Die Gemeinde konnte jetzt die Steuern um einen Zehntel senken. Und so der Bevölkerung etwas zurückgeben. «Die Steuersenkung ist aber nur vorübergehend, wir können drei, vier oder fünf Jahre tief bleiben, dann müssen wir aber wieder rauf aufs vorherige Niveau», sagt Schneiter. «Wir zehren nun einfach so lange, wies geht, vom unerwarteten Zustupf.»
Für die einzelnen Steuerzahler wird es jährlich zwar nur wenige Hundert Franken ausmachen. Aber Marc Zbinden (27) sagt wohl stellvertretend für alle Bewohner: «Nur 100 Franken weniger auf der Steuerrechnung würden mich freuen.»
Endlich Investitionen
2018 wirkte sich der Gewinn nun auf die Jahresrechnung von Guggisberg aus. Und die Gemeinde konnte endlich mal einen rechten Batzen in die Unterhaltsarbeiten für die 90 Kilometer Strassen investieren, die zu Guggisberg gehören.
Neuzuzüger Jeremy Schenk (22) wusste noch nichts vom Lottogewinn: «Aber das ist doch super, wenn ich gleich ab dem ersten Jahr hier in Guggisberg weniger Steuern zahlen muss.»