Darum gehts
- Betrogenes Ehepaar erhält Spende nach Blick-Bericht
- Spender überweist 15'000 Franken, möchte anonym bleiben
- Familie Jost erhält mehr Geld, als es verlor
Bei Sonnenschein steht Peter Jost (73) gestern Dienstag vor dem Bankomaten in Koppigen BE, tippt seinen Code und lässt einen Beleg raus. Plötzlich stehen Zahlen da, die alles verändern. 15'000 Franken – gespendet von einem anonymen Blick-Leser – liegen nun auf seinem Konto, das noch diesen Sommer von perfiden Cyberbanditen komplett leergeräumt wurde.
Noch etwas ungläubig, schaut Jost auf den Zettel, nimmt sich etwas Zeit und sagt zu Blick: «Oh, da ist ja wirklich etwas drauf!»
45 Jahre Arbeit, umsonst
Rückblick: Ehepaar Jost wurde Anfang Juli um 20'000 Franken betrogen. Eigentlich wollte Peter Jost – wie so oft – per E-Banking nur den Kontostand überprüfen. Über die Google-Suche landete er – ohne es zu merken – statt auf der echten Website seiner Bank auf einer gefälschten Website, die täuschend echt aussah. Jost gab seine Zugangsdaten ein, nichts deutete auf Betrug hin.
Doch damit öffnete er den Tätern ungewollt den Zugang zu seinem Konto. Die Kriminellen hatten die Login-Seite exakt kopiert, sammelten die Daten in Echtzeit und nutzten die Bestätigung sofort für eine Transaktion. Für Jost sah alles aus wie ein normaler Login-Vorgang, bis das Konto leer war.
Die Cyberbanditen umgingen sogar die Zwei-Faktor-Authentifizierung. Erspartes und der Entschädigungsbetrag, den Anne-Marie Jost (71) als ehemaliges Verdingkind erhalten hatte: einfach weg!
Seither lebte das Paar mit Existenzängsten. Vor allem gesundheitlich mussten sie kürzertreten. «Ich brauche ein Hörgerät, und Anne-Marie müsste ihre Zähne machen lassen», sagte Peter Jost beim ersten Blick-Besuch. Doch finanziell lag beides nicht mehr drin. Dem Paar, das jahrzehntelang jeden Monat etwas zurücklegte, blieb kaum mehr etwas. 45 Jahre Arbeit, umsonst. Blick berichtete am Montag über den Schicksalsschlag.
Der anonyme Spender
Kurz nach der Publikation am Montag meldet sich ein Blick-Leser. Er will dem Ehepaar helfen – aber nur anonym. «Ich will keine Aufmerksamkeit», sagt der Mann zu Blick. «Aber Menschen, die ihr Leben lang gearbeitet haben, sollten Hilfe bekommen.» Sein Versprechen: dem Ehepaar sogleich 15'000 Franken zu überweisen.
Am Folgetag leitet der Spender eine Bestätigung der Überweisung an die Blick-Redaktion weiter.
«Unglaublich dankbar»
Als Blick daraufhin das Paar gestern Dienstag zu Hause besucht, sitzen Peter und Anne-Marie Jost auf dem kleinen Balkon auf zwei Stühlen, eng beieinander. Es wirkt, als ob eine enorme Last von ihren Schultern fällt, als sie von der Spende erfahren. «Wir sind unglaublich dankbar! Und wollen dem Spender gerne persönlich Merci sagen.» Nur: Dieser will anonym bleiben. Blick weiss jedoch, um wen es sich handelt.
Um wirklich sicher zu sein, dass das Geld bei ihnen angekommen ist, nimmt Peter Jost Blick zum Bankomaten mit. Seit dem E-Banking-Vorfall zieht er es vor, alles was sein Geld betrifft, analog zu regeln. Ein Auszug beweist: Die 15'000 Franken-Spende ist wirklich da.
Paar wollte warnen
Wieder zu Hause drückt Peter Jost seiner Ehefrau Anne-Marie den Bankbeleg in die Hand. Sie schaut ihn an, schweigt. Und dann lächelt sie. «Es ist schön, dass es noch Menschen gibt, die einfach helfen, um zu helfen.» Anne-Marie Jost erklärt, dass sie sich nun «vor allem erleichtert» fühlt. Und Peter Jost sagt: «Jetzt werde ich wohl besser schlafen!»
Dank der anonymen Spende kann sich Anne-Marie Jost jetzt ihre Zähne machen lassen und Peter Jost kann sich endlich ein Hörgerät zulegen. Trotzdem betonen die Josts: Sie sind mit ihrem Erlebnis nicht an die Öffentlichkeit gegangen, um Geld zu erbitten. Sie wollten andere warnen.
Die Josts haben den Brief der Bank, in dem diese ihnen aus Kulanz 30 Prozent des verlorenen Betrags anbietet, noch nicht zurückgeschickt. Hier stehen ihnen gemäss Schreiben weitere 6000 Franken zu. Zusammen mit der anonymen Spende hätte das Paar schliesslich nicht nur das gesamte gestohlene Geld wieder drin, sondern sogar etwas mehr auf dem Konto.