Berner Gemeinde hat zu wenig Gemeinderäte, Hans Faltinek springt in der Not ein
Dieser 80-Jährige rettet Wangenried BE vor der Zwangsverwaltung

Drei Gemeinderäte springen ab. Nur zwei bleiben der Gemeinde Wangenried BE. Zu wenig. Es droht die Zwangsverwaltung. Niemand will das Amt übernehmen. Nur einer stellt sich als Retter zur Verfügung: Hans Faltinek. Der gebürtige Österreicher ist 80 Jahre alt!
Publiziert: 06.12.2021 um 20:06 Uhr
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Aktualisiert: 06.12.2021 um 21:35 Uhr
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Wangenried BE in Gefahr: Wegen zu weniger Gemeinderäte drohte der 432-Seelen-Gemeinde die Zwangsverwaltung.
Foto: Zvg
Nicolas Lurati

In Wangenried BE ging die Angst um: Die Gemeinde stand kurz vor der Zwangsverwaltung. Der Grund: Der Gemeinderat wäre mit Gemeindepräsident Hansruedi Gygax (54) sowie Reto Duppenthaler (48), also nur noch zwei Personen, zu klein gewesen. Das «Langenthaler Tagblatt» berichtete darüber.

Gerettet hat die Gemeinde schliesslich ein gebürtiger Österreicher. Der Retter ist ein alter Hase. Hans Faltinek heisst der Wangenried-Heiland, er ist 80 Jahre alt! «Hätte ich mich nicht zur Verfügung gestellt, wäre Wangenried zwangsverwaltet worden», sagt er.

Drei Gemeinderäte per Ende Jahr weg

Am 1. Januar 2022 wird er darum seine Arbeit als Gemeinderat aufnehmen. Nicht zum ersten Mal: «Ich war schonmal kurz Gemeinderat in Wangenried. Das ist aber schon rund 30 Jahre her.» Faltinek ist parteilos, bezeichnet sich selbst aber als «bürgerlich».

Zur Notsituation im kleinen Dorf im Oberaargau mit 432 Einwohnern war es gekommen, weil gleich drei Gemeinderäte angekündigt hatten, auf Ende Jahr zurückzutreten. Ohne Neuzugang hätte das bedeutet, dass der Kanton Bern die beiden verbleibenden Gemeinderäte aus dem Amt hätte nehmen und stattdessen eine «besondere Verwaltung» hätte berufen müssen.

Retter Faltinek macht gegenüber Blick deutlich, was das bedeutet hätte: «Die Gemeinde hätte nichts mehr zu sagen gehabt. Die laufenden Geschäfte wären von ausserhalb der Gemeinde verwaltet worden.» Aus diesem Grund habe er sich dazu entschieden, das Amt anzunehmen. «Dies passierte aber nach langer Entscheidungsfindung», so Faltinek. «Niemand anderes hatte sich zur Verfügung gestellt.»

«Immer nur Absagen»

Gemeindepräsident Gygax sagt gegenüber der Lokalzeitung: «Wir haben verschiedene Gespräche mit verschiedenen Leuten geführt, doch immer nur Absagen erhalten.»

Und Faltinek glaubt zu wissen, wieso es so schwierig ist, das Amt eines Gemeinderats schmackhaft zu machen. «Die Gemeindearbeit ist heutzutage nicht mehr attraktiv, gerade in kleinen Gemeinden», sagt er zu Blick. «Als Gemeinderat in kleinen Gemeinden wird man nur mit dem Minimum entschädigt, mehr kann sich die Gemeinde gar nicht leisten.» Ehrenamtlich sei die Arbeit aber nicht.

Dazu komme, dass «heutzutage sehr viele Leute mit Arbeit und Familie beansprucht» seien, sagt Faltinek weiter. «Daher bleibt ihnen schlicht zu wenig Zeit, um ein anspruchsvolles Amt wie jenes des Gemeinderats auszuüben.»

«Mir liegt sehr viel an dieser Gemeinde»

Faltineks Beweggründe sind also weder der finanzielle Anreiz und auch nicht das Prestige, wie er sagt. «Mir geht es um das Dorf Wangenried, in dem ich schon über 50 Jahre lebe. Mir liegt sehr viel an dieser Gemeinde. Eine Zwangsverwaltung würde mir leidtun.»

Schon vor Jahrzehnten machte Faltinek positive Erfahrungen mit Wangenried: «Als ich damals aus Österreich in die Schweiz kam, wurde ich in Wangenried eingebürgert. Ich wurde sehr gut aufgenommen.»

«Brauchen dringend noch zwei weitere Gemeinderäte»

Jetzt ist er 80. «Doch gesundheitlich fühle ich mich noch sehr fit», sagt er. «Ich gehe jeden Tag laufen.» Trotz des Einsatzes von Faltinek will Gemeindepräsident Hansruedi Gygax noch nicht von einer Erlösung sprechen, wie er Blick sagt: «Ein Dreiergremium reicht auf lange Sicht nicht aus. Wir brauchen dringend noch zwei weitere Gemeinderäte, damit wir wieder zu fünft und somit nicht überlastet sind. Nur zu fünft können wir alle anstehenden Projekte erledigen.»

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