Stefan G. (44) ist ein schräger Vogel. Der Solothurner stand heute morgen in Basel vor Gericht, weil er seltene Federn aus Museen klaute (BLICK berichtete). Im ganz grossen Stil: Der zweifache Familienvater erbeutete zwischen 2002 und 2012 unglaubliche 17'250 Federn. Dafür beschädigte er Präparate von 167 Greifvogel-Arten aus insgesamt sieben Museen in der Schweiz, Deutschland und Österreich. Der so entstandene Sachschaden ist immens – er beläuft sich auf rund sechs Millionen Franken!
«Sein Verschulden wiegt schwer»
Der Vogel-Liebhaber klaute die seltenen Federn vor allem für seine Privatsammlung. Staatsanwältin Lea Lanz klagt den Beschuldigten wegen gewerbsmässigem Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung und Hehlerei an. Sie will den klauenden Vogel dafür vier Jahre unbedingt im Käfig sehen! Für Lanz ist klar: «Das Verschulden wiegt schwer.» Und: «Er handelte bewusst, hatte eine hohe kriminelle Energie, aber keine Persönlichkeitsstörung.»
Der Verteidiger von Stefan G., Daniel Borter, hält dagegen: «Eine unbedingte Freiheitsstrafe bedeutetet für die Familie des Angeklagten den finanziellen Ruin.» Er führt aus: «Genau so, wie die exorbitante Schadenersatzforderung von rund sechs Millionen Franken.» Er betont: «Wenn die Präparate wirklich so viel Wert haben, hätten die Museen sie besser schützen müssen.»
Federdieb will nicht zahlen
Trotz der Vorwürfe zeigt sich Stefan G. an seinem Prozess anfangs gelassen. Zuerst betritt er lachend das Gericht, dann beantwortet er aufgeweckt die Fragen und prahlt mit seinem Fachwissen. Die Richterin will wissen, ob er bereits eine Entschädigung geleistet habe. Der Angeklagte redet sich raus: «Ich habe zwei Kinder und kein grosses Vermögen.» Fakt ist: Stefan G. verdient 7500 Franken netto und besitzt eine Eigentumswohnung. Sogar sein Verteidiger bezeichnet das Vermögen als «nennenswert».
Während der Verhandlung kippt die Stimmung dann doch. Der heutige Projektleiter reagiert gereizt. Er beantwortet viele Fragen mit Gegenfragen wie: «Was heisst für sie seltene Feder?» Bittet am Schluss dann aber doch alle um Verzeihung: «Es tut mir aufrichtig leid.» Er bietet den Museen sogar seine Unterstützung beim Wiederherstellen der Objekte an: «Ich möchte mithelfen, den Schaden wieder gut zu machen.»
Das klingt wie ein Hohn, wenn man sich seine Delikte vor Augen führt: Der Solothurner klaute im Naturhistorischen Museum Basel (2006) und in Neuenburg (2012). Er ging aber auch in Deutschland und Österreich äusserst fleissig auf Diebestour: In Stuttgart (2007), in Frankfurt am Main (2007, 2008, 2009, 2010, 2012), in München (2010, 2012) , in Wien (2011) sowie in Berlin (2011, 2012).
Stefan G. missbrauchte bewusst das Vertrauen der Museen
Seine Taktik war äusserst perfide. Der Federdieb ging immer gleich vor. Er täuschte den Verantwortlichen der Ornithologie-Abteilung vor, dass er an einem Forschungsprojekt arbeite, ein Buch schreibe oder eine Vogel-Homepage plane. Der diebische Sammler erschlich sich so Zugang zu eingeschlossenen Raubvogel-Präparaten in den Archiven.
Kaum unbeaufsichtigt, suchte er gezielt seltene Tiere und entriss ihnen Federn, ja sogar ganze Flügel. Die beschädigten Stücke legte er mit der kaputten Seite nach unten zurück. Die gestohlenen Federn schmuggelte er in Kleidern und Mappen nach Hause. Das Urteil fällt am Mittwoch.