Essensreste, Abfallsäcke, leere Flaschen und Kartons sowie dreckiges Geschirr – in dieser Wohnung stapelt sich der Müll am Boden, auf den Tischen und auf der Küchenablage. Es sind Fotos, die der Basler Digital-Polizist Raphael Schneider auf seinem Facebook-Account geteilt hat. «Was mit den Bildern nicht vermittelt wird, ist der Geruch», schreibt er dazu. Schneider berichtet als sogenannter Internet-Community-Polizist von seinen persönlichen Erlebnissen aus dem Polizeialltag.
Wie der Basler Polizeisprecher Toprak Yerguz gegenüber «20 Minuten» sagt, wurden in diesem Fall Feuerwehr und Polizei wegen eines medizinischen Notfalls alarmiert. Vor Ort sahen sich die Einsatzkräfte mit einer Messie-Wohnung konfrontiert. «Die Person in der Wohnung konnte die Tür nicht mehr aus eigener Kraft öffnen», sagt er. Die Beamten mussten eine Katze, die ebenfalls dort lebte, dem Veterinäramt übergeben.
Geordnete Lebensführung nicht mehr möglich
Aus Sicht des Psychologen Klaus Bader gibt es aber nicht den typischen Messie, wie er gegenüber «20 Minuten» sagt. Bader hat eine leitende Funktion im Zentrum für Psychosomatik und Psychotherapie an der UPK in Basel. Vermüllte Wohnungen seien oft bloss die Endstrecke einer langen Krankheits- und Leidensgeschichte, sagt er. Dazu gehörten beispielsweise Depressionen, fortschreitende Demenz oder eine schwere Suchtproblematik.
«Die Betroffenen sind je nach Schwere der Krankheit nicht mehr zu einer geordneten Lebensführung in der Lage», sagt er. Viele würden nicht mehr die nötige Energie oder geistige Kraft aufbringen, ihre Wohnung ordentlich zu halten.
Müll beginnt sich zu stapeln
Solche extreme Messie-Fälle sehe er in der Verhaltenstherapie-Ambulanz, wo Patienten mit Angst- und Zwangserkrankungen behandelt werden, jedoch selten. «Wir sehen eher Personen, die sich von angesammelten Gegenständen nicht mehr trennen können.»
Der Grund: Das Horten habe eine stabilisierende Wirkung – zumindest bis zu einem gewissen Zeitpunkt. Weil das Entsorgen den betroffenen schwerfällt, beginne sich schliesslich der Müll zu stapeln.
Hinter dem Sammeln von Müll steckten oft auch Verluste, Misserfolge, Enttäuschungen oder unerfüllte Sehnsüchte. Sich aus einer solchen Situation zu befreien ist aber alles andere als leicht. Bader sagt: «Sich auf Hilfe einlassen zu können, stellt für Betroffene oft eine grosse Hürde dar.»