«Bin froh, dass jetzt etwas passiert»
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Nach Belästigungs-Vorwürfen:«Bin froh, dass jetzt etwas passiert»

Nach sexueller Belästigung – Ex-Praktikantin froh über Kündigung von Baselbieter Chefredaktor
«Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen»

Bei einem Baselbieter Lokalmedium soll eine minderjährige Praktikantin von ihrem Chef sexuell belästigt worden sein. Nun hat der fehlbare Chef seinen Hut genommen. Für sie sei dies der erste Schritt in die richtige Richtung.
Publiziert: 15.12.2021 um 10:25 Uhr
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Aktualisiert: 15.12.2021 um 21:48 Uhr
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Larissa Bucher freut sich, dass der Chefredaktor gekündigt hat.
Foto: Screenshot Tele Basel

Gerade mal 17 Jahre alt war Larissa Bucher, als sie ein Praktikum bei einem Baselbieter Lokalmedium absolvierte und der Chefredaktor des Mediums begonnen habe, sie sexuell zu belästigen. Anzügliche Nachrichten, E-Mails gefüllt mit sexuell expliziten Fantasien und hartnäckige Anrufe – der ältere Mann liess nicht locker.

Aus Angst verliess sie das Medium, der Chefredaktor aber konnte trotz Beschwerde seinen Chefposten behalten. Bis heute. Wie Blick am Mittwochmorgen erfahren hat, nahm der beschuldigte Chefredaktor am Dienstag per sofort seinen Hut.

Das freut Bucher. «Ich bin froh, dass nach dieser ganzen Zeit etwas passiert. Es ist ein erster Schritt in Richtung Gerechtigkeit», sagt sie zu Tele Basel. Es sei wie ein Stein, der ihr vom Herzen gefallen sei. Der Gedanke, dass der Chefredaktor immer noch auf seinem Posten sass, sei für sie stets eine Belastung gewesen. Und zu Blick sagt sie: «Ich habe es im Blick gelesen, dass er gekündigt hat. Und bin sehr froh darüber.»

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«Hätte ihm diesen Schritt nahe gelegt»

Der Mann habe «diese Entscheidung getroffen, um weiteren Schaden vom Verlag abzuwenden», so der CEO des Baselbieter Verlags zu Blick. Und: «Sollten die Vorwürfe von der Staatsanwaltschaft bestätigt werden, ist das absolut zu verurteilen.»

Der Nachrichtenagentur SDA sagte der Verlagsleiter: «Ich bedaure, dass wir einen Mitarbeiter verlieren, der 18 Jahre für uns als Chefredaktor tätig war. Aber hätte er nicht von selber gekündigt, hätte ich ihm diesen Schritt nahe gelegt».

Anzeige hatte Bucher bereits im vergangenen April erstattet. Eine Rückmeldung von der Staatsanwaltschaft blieb bis heute jedoch aus – auch nach mehreren Anfragen seitens der Betroffenen. Dies war auch der Grund, weshalb der Verlag so lange mit der Kündigung zuwartete. «Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens sind die Vorwürfe für uns sehr schockierend.»

Vorgesetzter erfand Notfälle für Kontaktaufnahme

Heute ist Bucher 22 Jahre alt und arbeitet als freie Journalistin bei Tele Basel, wo sie die schweren Vorwürfe gegen ihren ehemaligen Chef auch publik machte. Begonnen hatte alles mit «blöden Kommentaren», wie sie dem Fernsehsender erzählt. «Wenn ich Verspätung hatte und ihm das schrieb, kam die Antwort: ‹Hast du gerade geilen Sex und willst nicht gehen?› Oder auch wenn ich dann ins Büro kam, wurde ich gefragt, ob ich eine geile Nacht hinter mir hätte», erinnert sie sich.

Ihr Chef habe es jedoch nicht nur bei anzüglichen Nachrichten an sie belassen, auch ihre Familie musste immer wieder mit Anrufen von ihm klarkommen. Es sei sogar so weit gegangen, dass der Chefredaktor Notfälle erfand, damit sie sich trotzdem bei ihm meldet. «Das machte mir Angst und war mir zu viel», sagt sie.

Belästigungs-Vorwürfe auch von anderen Kolleginnen

Die junge Frau suchte sich eine andere Stelle und kehrte erst ein Jahr später als freie Mitarbeiterin zu dem Lokalmedium zurück. Und auch dieses Mal ging der Horror wieder los: Diesmal schickte er die Mails an eine Kollegin, doch auch Bucher war Teil des Inhalts.

Als sie es herausfand, konfrontierte sie den Chefredaktor damit. Zuerst stritt er alles ab, doch Bucher war im Besitz der entsprechenden Mails, die er an ihre Kollegin geschickt hatte. Bucher informierte deshalb auch den Verlag des Mediums, der sich bei Bucher entschuldigte. Doch wirkliche Konsequenzen gab es für den Chefredaktor damals keine. (chs/cat/sac/man)

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