Bei der kosovo-albanischen Familie M.* in Waldenburg BL beginnt der Mittwochabend wie immer. 18.30 Uhr: «Alle waren irgendwie beschäftigt», sagt Jeton M. (15). «Als auch noch mein Vater beim TV-Schauen auf dem Stubensofa einschlief, wolle ich etwas erleben. Meine erste Spritztour!»
Ohne Billett? Ohne Auto?
Jeton will sich Papis Wagen leihen. Der Schlüssel – er liegt auf dem Stubentischli. Direkt vor dem dösenden Vater. «Ich schlich mich ran, nahm ihn einfach.» Dann geht der Realschüler aus dem Haus. Steigt in den Fiat Marea Weekend. Und tuckert los.
Er wollte nur eine Runde drehen ...
Nach wenigen Metern ist Jeton mit dem silbernen Kombi auf der Hauptstrasse. «Ich wollte nur eine Runde drehen.» 700 Meter Richtung Langenbruck BL geht alles gut. «Ich drückte aufs Gas», gibt Jeton zu. «Hatte 60, 70 drauf. Und wechselte noch den Radiosender.»
Als Jeton aufschaut: Kurve! «Ich schnitt sie. Und es kam mir plötzlich ein Auto entgegen. Ich konnte gerade noch nach rechts lenken.» Um nicht auf den Randstein aufzufahren, lenkt er wieder nach links. «Ich geriet ins Schleudern.» Laut Polizei fuhr er «offensichtlich mit überhöhter Geschwindigkeit».
... und verschrottete den Wagen
18.40 Uhr: Jeton knallt in eine Betonmauer. Ein Rad spickt weg. Trifft einen Lastwagen. Am Ende stoppt eine Strassenlaterne Jetons Spritztour. «Als ich ausstieg, war ich schockiert, was ich alles angerichtet hatte.»
Der Wagen seines Vaters: nur noch Schrott. Jeton selber: Nur Schürfungen am linken Finger, an Kopf und rechter Schulter. «Ich hatte 1000 Schutzengel bei mir. Denn ich war nicht einmal angegurtet.» Jeton gesteht sich ein: «Da hätten auch Menschen stehen können.»
Während ein Passant die Ambulanz anruft, meldet sich Jeton kurz daheim bei seiner Familie. «Papi, es tut mir leid. Ich habe einen Unfall gehabt», sagt er.
Jeton im Spital: Sorry, Papa!
Gestern besuchte ihn BLICK im Spital. Und Jeton berichtet: «Mein Vater war schon wütend. Aber er war auch froh, dass ich noch am Leben bin.» Und noch jemand steht an seinem Bett: Sein Vater Uke (38). Im Beisein von BLICK, erklärt Jeton ihm, dass er kurz vor der Kurve am Autoradio gefummelt habe und gibt sich geläutert: «Es tut mir leid. Ich habe einen Riesen-Seich gemacht. Ich bin halt jung und habe mich überschätzt.» Aber: «Das Ganze war mir eine Lehre.»
Uke verzeiht ihm: «Er hat mir ja versprochen, dass er so etwas nie mehr macht. Zudem kann man Autos ersetzen. Das Leben meines Sohnes nicht.»
Am Montag wird Jeton 16 Jahre alt. Seinen Ausweis wird er so schnell wohl nicht machen können. Doch das ist dem Jungen im Moment egal: «Ich lebe noch. Und darf von nun an zwei Mal im Jahr Geburi feiern.»
*Name der Redaktion bekannt