Drama um den berühmtesten Kunsthändler der Schweiz
Ernst Beyeler entmachtet

Der grösste Schweizer Kunstmäzen darf sein Vermögen nicht mehr selber verwalten – das verfügte die Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt.
Publiziert: 16.05.2009 um 20:26 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:50 Uhr
Von Walter Hauser

Bis vor kurzem sprühte Ernst Beyeler (88) vor Lebensfreude. Der gross gewachsene Basler Kunstmäzen galt als Prototyp des charmanten und geistreichen Schweizers. Doch jetzt – rund ein Jahr nach dem Tod seiner Gattin und Geschäftspartnerin Hildy (86) – ist Beyeler ein gebrochener Mann. Das Sprechen fällt ihm schwer, körperlich ist der früher stets elegant gekleidete Stargalerist an manchen Tagen so schwach, dass er im Rollstuhl fahren muss.

Das war auch der Grund, warum die Vormundschaftsbehörde des Kantons Basel-Stadt am 1. April eine Verfügung erliess: Auf ärztliche Empfehlung bekommt Beyeler nun einen Beistand. Es handelt sich um Edgar Fluri (61), Titularprofessor für Wirtschaftsprüfung an der Uni Basel und bis vor kurzem Verwaltungsratspräsident der Revisions- und Beratungsfirma Pricewaterhouse-Coopers.

Die Verfügung der Vormundschaftsbehörde bedeutet, dass der reichste und berühmteste Kunstsammler der Schweiz nicht mehr voll handlungsfähig ist. Die Verwaltung seines Vermögens liegt in den Händen von Edgar Fluri bzw. der Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt, gegenüber der er rechenschaftspflichtig ist. Ohne Zustimmung darf Beyeler, der einst so geniale Händler, weder Kunstwerke kaufen noch verkaufen. Die heute der Stiftung Fondation Beyeler gehörende Kunstsammlung umfasst etwa 16000 Gemälde von van Gogh, Monet bis Kandinsky und hat einen geschätzten Wert von zwei bis drei Milliarden Franken. Fluri sieht die Beistandschaft als reine Schutzmassnahme im Interesse von Ernst Beyeler und seines Lebenswerks. Die beiden kennen sich von ihrer Tätigkeit im Stiftungsrat der Fondation Beyeler und aus dem Verwaltungsrat der gleichnamigen Galerie. «Es darf nichts passieren, was man später bereuen könnte», so Fluri über den Zweck der Verfügung.

Offen ist, wer dereinst die Nachfolge des kinderlosen Museumsbesitzers antreten wird. Aus Beyelers Umfeld heisst es, diese Fragen seien in einem Testament geregelt. Doch über dessen Inhalt herrscht Stillschweigen.

Inzwischen stehen in Beyelers Imperium weitere tief greifende Entscheidungen an. Als Präsident des Stiftungsrats der Fondation Beyeler soll der betagte Mäzen demnächst abtreten und durch eine andere Persönlichkeit ersetzt werden.

Vom Buchantiquar zum Partner der Rockefellers und Agnellis
Weil der junge Ernst Beyeler, Sohn eines SBB-Beamten, in den Jahren des Zweiten Weltkriegs nicht so recht weiss, was aus ihm werden soll, tritt er in ein kleines Basler Buchantiquariat ein. 1945, als 24-Jähriger, übernimmt er den Laden. Harte Jahre folgen. Beyeler versucht sein Geschäft mit Ausstellungen von japanischen Holzschnitten und Rembrandtstichen attraktiver zu machen. Das System verfängt. So wagt er den entscheidenden Schritt und stellt ab 1951 das aus, was man die klassische Moderne nennt. Kunst von Manet, Matisse, Moore, Giacometti und Picasso. Dabei helfen ihm seine bescheidene, diskrete Art und eine strikte Geschäftsphilosophie: «Nur das Beste für mich und meine Kundschaft!»

Ein Glücksfall hilft. Der amerikanische Supersammler Thompson überlässt ihm seine Riesensammlung – Klees, Giacomettis und Picassos. Nach diesem Ereignis spielt Beyeler in der Superleague der Galeristen. Die Werke Thompsons bilden den Grundstock von neuen Sammlungen und Museen.

Beyelers haben jetzt Margen, die nicht nur Zinsen und Kredite abgelten, sondern aussergewöhnliche Ankäufe ermöglichen. Die Kundschaft reicht von den Rockefellers bis zu den Agnellis. Alle pilgern nach Basel an die Bäumleingasse 9, wo Ernst Beyeler ihnen seine Schätze zeigt. Stundenweise, nur auf Voranmeldung!

Ob Alberto Giacometti oder Pablo Picasso: Alle empfangen den Basler – und verkaufen ihm direkt. Zusammen mit weiteren Galeristen gründete er die Art Basel. Auch sie wird zum Erfolg. Jetzt stellt er auch zeitgenössische Kunst aus: Jasper Johns, Joseph Beuys, Christo und Twombly. Und: Nachdem er seine Sammlung 1982 in eine Stiftung umgewandelt hat, kann er 1997 sein eigenes Museum eröffnen. Die Fondation Beyeler empfängt jedes Jahr um 350000 Menschen. Ihr Defizit wird über die Einkünfte der Galerie gedeckt.

Von Michael Merz
Weil der junge Ernst Beyeler, Sohn eines SBB-Beamten, in den Jahren des Zweiten Weltkriegs nicht so recht weiss, was aus ihm werden soll, tritt er in ein kleines Basler Buchantiquariat ein. 1945, als 24-Jähriger, übernimmt er den Laden. Harte Jahre folgen. Beyeler versucht sein Geschäft mit Ausstellungen von japanischen Holzschnitten und Rembrandtstichen attraktiver zu machen. Das System verfängt. So wagt er den entscheidenden Schritt und stellt ab 1951 das aus, was man die klassische Moderne nennt. Kunst von Manet, Matisse, Moore, Giacometti und Picasso. Dabei helfen ihm seine bescheidene, diskrete Art und eine strikte Geschäftsphilosophie: «Nur das Beste für mich und meine Kundschaft!»

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Beyelers haben jetzt Margen, die nicht nur Zinsen und Kredite abgelten, sondern aussergewöhnliche Ankäufe ermöglichen. Die Kundschaft reicht von den Rockefellers bis zu den Agnellis. Alle pilgern nach Basel an die Bäumleingasse 9, wo Ernst Beyeler ihnen seine Schätze zeigt. Stundenweise, nur auf Voranmeldung!

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Von Michael Merz
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