Frieda M.* (90) wohnt in einem Mehrfamilienhaus, nicht mal 200 Meter von der Migros-Filiale in Füllinsdorf BL entfernt. Sie öffnet langsam die Wohnungstür und schaut verdutzt.
BLICK: Sind Sie die 90-Jährige, die in der Migros Waren in einem Rollator gestohlen hat?
Frieda M.: Warum fragen Sie?
Sie sind neunzig, laufen mit einem Gehwägeli herum und eine Nachbarin denkt, dass Sie es waren.
Ich habe es gewusst. Die müssen immer reden.
Darf ich kurz reinkommen?
Sie glauben mir ja auch nicht.
Was heisst auch nicht?
Weil diese beiden Leute, die mich in der Migros gestoppt haben, mir auch nicht glaubten.
Der Migros-Sprecher sagt, dass Sie es «faustdick hinter den Ohren» haben. Sie sollen in fünf Taschen unter anderem Schoggi, Vermicelles, Konfi, Parmesan, Tomätli, Slips und Slipeinlagen geklaut haben. Alles im Wert von 171.80 Franken.
Dann kommen Sie halt kurz herein. Ich erkläre Ihnen das.
Sie wohnen alleine hier?
Ja, mein Mann starb vor drei Jahren. Kinder habe ich keine.
Was haben Sie früher gearbeitet?
Das sage ich Ihnen nicht. Ich kann Ihnen aber sagen, dass ich genug Geld auf der Seite habe. Deshalb habe ich es auch nicht nötig, etwas zu klauen!
Wie ist denn Ihre Version?
Ich habe die Ware nur in die Taschen meines Rollators getan, weil das Körbli voll war.
An der Kasse haben Sie aber nur einen Krustenkranz und ein Zöpfchen für total 4.25 Franken bezahlt – das füllt noch kein Körbli!
Schauen Sie: Ich bin einfach so, dass ich nur das Brot im Körbli trage und es separat bezahle.
Warum denn?
Weil ich es immer oben auf die Tasche lege.
Ich verstehe das nicht. Warum bezahlen Sie das Brot separat?
Ich bin einfach so, habe es immer so gemacht. Ich wollte nicht stehlen, ich kaufe immer so ein.
Sie wollen sich herausreden. Es scheint sogar, als hätten Sie schon oft auf diese Art Ware gestohlen?
Nein, ich habe noch nie gestohlen, auch nicht am Samstag!
Fakt ist: Sie haben nur das Brot bezahlt, sind an der Kasse vorbei.
So ein Seich! Ich wollte die andere Ware auch noch bezahlen. Da standen schon diese Leute da und nahmen mich ins Büro.
Die Ladenaufsicht hat Ihnen Ihre Version auch nicht geglaubt ...
Da kann man erzählen was man will. Niemand glaubt einem.
Sie hatten laut der Polizei 16 600 Franken dabei, die Sie bei Ihrer Bank abgehoben hatten. Warum trugen Sie so viel Geld auf sich?
Das sage ich Ihnen nicht.
Mussten Sie es der Polizei sagen?
Nein. Ich musste nur belegen, dass das Geld mir gehört.
Sie haben die 100 Franken Umtriebskosten für den Diebstahl gleich vor Ort bezahlt. Mit was für einer Busse müssen Sie rechnen?
Ich weiss es nicht. Ich weiss nur, dass die Migros eine Anzeige gegen mich eingereicht hat, wegen Diebstahls. Aber in der Post habe ich noch nichts gehabt.
Die Polizei sagt, dass Sie «eine zurechnungsfähige Frau» sind. Führen Sie alle an der Nase herum?
Nein. Nochmals: Ich bin eine normale Kundin und keine Diebin!
*Name der Redaktion bekannt.