Petersgasse, Kommando der Kantonspolizei Basel-Stadt: Gerhard Lips (57) wirkt zerknirscht, aber erleichtert, als er am Freitagnachmittag seinen Rücktritt bekannt gibt.
Dem Termin vor den Medien waren zermürbende Monate vorausgegangen. Fast im Wochentakt drangen Polizei-Interna an die Öffentlichkeit und sorgten für handfeste Skandale. Doch Beobachter glauben, dass die Indiskretionen nur ein Symptom für Lips schwindenden Rückhalt im Polizeikader waren. Lips selbst dazu an der Medienkonferenz: «Ich konnte mich nicht durchsetzen.»
Von Anfang an einen schweren Stand
In Basel hatte er von Anfang an einen schweren Stand. Bis zur Übernahme des Kommandos in Basel 2009 amtete der gelernte Jurist als Stellvertreter des Kommandanten der Stadtpolizei Zürich. «Lips ist kein Militärkopf», sagt André Auderset (LDP, 57).
Der Vizepräsident der Justizkommission des Basler Grossen Rats hat Einblick in das von Regierungsrat Baschi Dürr (FDP, 40) geführte Justiz- und Sicherheitsdepartement. Auderset habe Lips als «hochanständigen Menschen» kennengelernt, der das Korps mit «viel Einfühlungsvermögen führte».
Bei manchen – insbesondere bei Offizieren – kam das offenbar nicht gut an: Mit gezielten Indiskretionen sägten sie an seinem Stuhl. Zuletzt sorgte die Basler Spitzelaffäre schweizweit für Schlagzeilen: Ein türkischstämmiger Polizist hatte interne Daten über Erdogan-Kritiker weitergereicht – obwohl der Nachrichtendienst die Basler vor dem Mann gewarnt hatten.
Affären um Polizeiautos und ein Sex-Skandal
Im Herbst kam heraus, dass Offiziere Polizeiautos privat verwendeten. Im August erfuhr die Öffentlichkeit von einem Sex-Skandal: Ein Polizist soll eine betrunkene Kollegin beim Team-Ausflug geschändet haben. Bevor der Fall vor Gericht kam, habe er eine andere Kollegin beim Umkleiden gefilmt.
Und zwei Monate davor war bekannt geworden, dass sich das Polizeikader für seinen Einsatz beim Europa-League-Final in Basel grosszügig selbst belohnte. Lips bewilligte ein kostspieliges Nacht-essen mit Rundflug über Basel.
«Er hatte seinen Laden nicht im Griff», sagt ein Insider
Für Basler Polizei-Insider kommt Lips’ Abgang deshalb nicht überraschend. «Er hatte seinen Laden nicht mehr im Griff», sagt einer. Und ein anderer: «Letzten Endes wurde er ein Opfer seiner eigenen Führungscrew.» André Auderset sieht es ähnlich: In einem Betrieb mit 1000 Leuten gebe es immer Unregelmässigkeiten. «Der Unterschied zu anderen Polizeikorps», so Auderset: «In Basel landen diese immer gleich in der Zeitung.»
Durch einen externen Coach versuchte Sicherheitsdirektor Dürr, Kommandant Lips noch unter die Arme zu greifen – ohne Erfolg. Nun übernimmt der zweite Stellvertreter, Stabschef Martin Roth, vorübergehend das Kommando. Audersets Hoffnung: «Wenn Lips das Ziel der Heckenschützen war, hören die Basler Polizeiskandale jetzt auf.»