Ausgebüxte Emilia provoziert Grossaktion
Basler Kapo braucht vier Polizisten für eine 14-Jährige

Weil Emilia aus dem Heim abhaut und sich zu Hause versteckt, sieht sich die Basler Polizei genötigt, den zierlichen Teenager mit grossem Brimborium abzuholen.
Publiziert: 29.06.2017 um 00:05 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:33 Uhr
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Emilia D. wohnt jetzt wieder bei ihrer Mutter.
Foto: Stefan Bohrer
Lea Gnos

Emilia* D. (14) aus Riehen BS ist ein hübsches, zierliches Mädchen. Die Augen dunkel geschminkt, sitzt es auf der Couch und spielt am Handy herum. Es ist wieder zu Hause bei seiner Mutter. Nachdem vier bewaffnete Polizisten es bei einem eskalierten Einsatz in ein Heim gesteckt haben. Die «Basler Zeitung» hatte über den Fall berichtet.

Am 17. Mai stehen die Fahnder in Zivil vor der Haustüre. Es ist 6.30 Uhr morgens, ein Polizist klopft. Zur gleichen Zeit reisst ein anderer die Fenster-Jalousien der Parterre-Wohnung hoch. Als die Mutter öffnet, stürmen die Beamten in die Wohnung.

«Meine Tochter hatte sich aus Angst im Badezimmer versteckt», sagt Mutter Leonora* D. (55). Emilia: «Schliesslich kam ich heraus und trat einem in die Eier, denn er hatte meine Mutter angerempelt!» Die Polizisten drücken Emilia bäuchlings zu Boden und legen ihr Handschellen an.

Im Pyjama wird sie auf den Polizeiposten geführt. «Dort musste ich mich nackt ausziehen, damit mich eine Polizistin nach Drogen filzen konnte. Ich wurde wie eine Verbrecherin behandelt.» Ihre Mutter ist immer noch geschockt: «Als ich sagte, ich müsse zur Arbeit, wollten sie auch mich in Handschellen legen. Zuvor klingelten die Beamten noch bei allen Nachbarn. Es war sehr demütigend», so die Yogalehrerin. Gegen die 14-Jährige läuft sogar eine Anzeige wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte. 

Massive Probleme in der Schule

Emilias Probleme beginnen im Sommer 2016 als sie in die Sekundarschule wechselt. «Ich habe leider viel Mist gebaut, den Unterricht gestört und musste praktisch jede Stunde draussen vor der Tür verbringen», sagt die 14-Jährige heute selbstkritisch. Eines Tages kommt sie mit einer Cola-Flasche in die Schule, die sie mit Wodka gefüllt hat. Emilias Mutter schüttelt den Kopf: «Ich glaube, sie wollte ihre neuen Schulkameraden beeindrucken. Es war sehr schwierig», sagt sie. Die Schule schmeisst den widerborstigen Teenager raus.

Der Kinder- und Jugenddienst bringt sie in der Durchgangsstation Foyer in Basel unter. Schliesslich wird Emilia von der Beiständin, welche die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) inzwischen eingesetzt hat, in der Beobachtungsstation Basel platziert. Dort gefällt es ihr nicht. Sie haut immer wieder ab. «Das Heim löste 30-mal eine Fahndung aus, um meine Tochter zu suchen», so Leonora D.

Die Mutter will ihr Kind wieder nach Hause holen. Als die Kesb nicht einwilligt, weigert sich Emilia, ins Heim zurückzukehren, bleibt bei ihrem Mami. Es kommt zum fatalen Polizeieinsatz. Emilia wird in ein Jugendheim in St. Gallen gebracht, hockt von da an hinter vergitterten Fenstern. «Als sie abgeführt wurde, rief ich ihr zu, dass ich alles tun werde, dass sie rauskommt aus dem ‹Knast›», so die Mutter. 

Stinkwut auf die Polizei

Sie hält Wort. Der Kesb-Entscheid wurde neu verhandelt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht wieder der Mutter zugesprochen. Die Wut gegen die Polizei bleibt trotzdem. Die Mutter: «Wir erwarten eine Entschuldigung.» 

Die Kantonspolizei Basel-Stadt findet ihren Einsatz verhältnismässig: «Grundlage ist eine jeweilige Lagebeurteilung. Unabhängig von Anzahl, Alter und Geschlecht der anwesenden Personen müssen Fahnder immer mit Hindernissen, unerwarteten Wendungen, Gewalt etc. rechnen», heisst es auf Anfrage.

Aller Schwierigkeiten zum Trotz hat Emilia wieder ein Ziel vor Augen: Sie will wieder zur Schule gehen. 

*Name geändert

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