200 Bewohner in Pratteln haben Angst
Wütet in diesem Block ein Feuerteufel?

Am Dienstag brannte es zum dritten Mal innert 16 Tagen in einem Hochhaus in Pratteln. Für die Bewohner ist klar: Es ist Brandstiftung. Sie haben Angst.
Publiziert: 21.09.2016 um 18:55 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:24 Uhr
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«Schnappte mir einen Feuerlöscher und rannte los»
2:14
Brandserie in Hochhaus in Pratteln BL:«Schnappte mir einen Feuerlöscher und rannte los»
Beat Michel

An der Längistrasse in Pratteln spielten sich gestern dramatische Szenen ab. Mehrere Dutzend Bewohner standen auf ihren Balkonen, weinten, schrien um Hilfe. Aus den Balkontüren drang schwarzer Rauch.

«Ich glaubte fest, ich müsste sterben. Ich sah keine Hoffnung mehr», sagt Sönmez Gülizar (65). «Ich öffnete die Türe, weil es nach Rauch stank. Ich erschrak sehr. Da war eine Rauchwand vor mir.» Die Türkin wohnt im 12. Stock. Vor Schreck vergass sie die Türe zuzumachen und flüchtete auf den Balkon. «Es kam so viel dunkler Rauch in die Wohnung. Es war schrecklich.»

Gülizar muss auch am Tag danach weinen, als sie von ihrem Schock erzählt. «Ich habe Angst. Jetzt brennt es schon zum dritten Mal. Und niemand hat eine Ahnung, wer das sein könnte.»

Gülizar Sönmez (65), 12. Stock. Weint am Tag nach dem Brand noch immer. «Ich habe Panik, dass gleich noch ein Brand ausbricht», sagt sie.
Foto: Beat Michel

Im Hochhaus leben auf 15 Stöcken 200 Menschen in 76 Wohnungen. «Vermutlich haben wir einen Brandstifter unter uns», sagt Kaya H. (40). Sie lebt mit drei Kindern im 7. Stock. «Aber es kommen so viele Menschen hier in das Haus, die man nicht kennt. Wie soll man den Brandstifter finden?» Auch H. hat Angst: «Vor allem in der Nacht erschrecken wir bei jedem Geräusch. Die Kinder trauen sich fast nicht mehr ins Haus.»

Das erste Mal brannte es im Keller des Längistrasse-Blocks am vorletzten  Sonntagabend. Wegen der Holzkonstruktion brannten alle Abteile lichterloh, alles ging kaputt. Das ganze Haus stank nach Rauch.

Das zweite Mal brannte es letzten Mittwoch, ebenfalls um 20 Uhr. Dieses Mal war es die linke Kellerhälfte. Wieder wurden das ganze Treppenhaus und die Wohnungen mit undichten Türen geräuchert.

Und gestern loderte das Feuer im Gang des vierten Stocks um 15 Uhr. Ein kleines Schuhregal stand in Flammen.

«Nichts war da drin, was sich von selber hätte entzünden können», sagt Nejna Kilic (43), deren Schuhschrank in Flammen aufging. «Da hat jemand Feuer gelegt», sagt sie wütend. Sie kann sich nicht vorstellen, wer das gewesen ist. Feinde habe sie keine.

Dragana Goranovic (30), sie löschte den Brand am Dienstag.
Foto: Beat Michel

Den Brand gelöscht hat Dragana Goranovic (30). Die Verkäuferin wohnt 100 Meter entfernt im nächsten Block. «Ich hörte meine Mutter schreien,  rief ich sie auf ihrem Handy an. Sie sagte mir, dass es brennt. Sie sei auf dem Balkon.» Goranovic rannte hin, und stürmte in das Haus. «Ich schnappte mir im 1. Stock einen Feuerlöscher und raste die Treppe hoch. Im 4. Stock löschte ich dann das brennende Regal. Schliesslich holte ich meine Mutter aus dem 13. Stock.» 

Am Eingang des Hochhauses steht jetzt ein Security-Mann. Er kontrolliert, wer ins Haus will. Das sei auch schon bei den letzten Bränden passiert, und habe nichts geholfen, sagt eine Anwohnerin. Besser würde man eine Sicherheitskamera einbauen, fügt sie an.

Die meisten Bewohner wohnen schon sehr lange da. Sie haben bisher noch nie sowas erlebt. Wie Sönmez Gülizar aus dem 12. Stock. Sie lebt hier schon über 20 Jahre. «Die Polizei soll den Brandstifter endlich finden. Wir können sonst hier so nicht mehr leben.»

Die Polizei sucht noch immer nach der Brandursache. Die Kantonspolizei Baselland hat auf ihrer Homepage einen Zeugenaufruf gestartet. 

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