Darum gehts
Blick: Warum lässt sich eine Frau die Brust verkleinern?
Eva Neuenschwander Fürer: Weil sie einen grossen Leidensdruck hat. Eine solche Entscheidung ist oft ein langer Prozess und wohlüberlegt. Manche fühlen sich einfach nicht wohl im eigenen Körper.
Es geht also nicht nur um die Ästhetik?
Natürlich spielt das Aussehen eine Rolle – aber es geht ganz stark ums körperliche Wohlbefinden, um psychische Entlastung, um Bewegungsfreiheit. Die Brust ist für eine Frau ein sehr intimer Bereich des Körpers, der das Selbstbild und das Auftreten stark beeinflusst.
Was sind die typischen Beschwerden Ihrer Patientinnen?
Viele haben Schmerzen – am Rücken, in den Schultern, im Nacken. Viele berichten von der Überbeweglichkeit der Brust; sie ist nicht mehr kompakt und rutscht aus dem BH. Der Alltag ist eingeschränkt: Sport ist mühsam, BHs passen nicht, der Kleiderkauf wird zur Qual. Die Brust ist oft nicht nur gross, sondern auch schwer und breit – sie rutscht fast bis zum Bauchnabel und quasi in die Achselhöhle. Das beeinflusst das Körpergefühl enorm.
Wie hat sich die Nachfrage für Brustverkleinerungen in den letzten Jahren entwickelt?
Genaue Zahlen habe ich nicht, mein persönlicher Eindruck aber ist ganz klar: Es sind mehr geworden. Besonders auffällig finde ich, dass auch sehr junge Frauen – zwischen 18 und 25 – heute häufiger mit einer grösseren Brust zu kämpfen haben. Das kann mit Körpergewicht, Ernährung oder hormonellen Einflüssen zu tun haben. Die durchschnittliche Körbchengrösse ist von B auf C gewachsen.
Eva Neuenschwander Fürer ist Fachärztin FMH für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie. Nach ihrer Tätigkeit in der Klinik Pyramide am See gründete sie 2012 ihre eigene Praxis The Clinic in Zürich und ist zudem Belegärztin an der Privatklinik Bethanien und im Spital Zollikerberg. Sie ist aktives Mitglied mehrerer Fachgesellschaften für plastische und wiederherstellende Chirurgie.
Eva Neuenschwander Fürer ist Fachärztin FMH für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie. Nach ihrer Tätigkeit in der Klinik Pyramide am See gründete sie 2012 ihre eigene Praxis The Clinic in Zürich und ist zudem Belegärztin an der Privatklinik Bethanien und im Spital Zollikerberg. Sie ist aktives Mitglied mehrerer Fachgesellschaften für plastische und wiederherstellende Chirurgie.
Wer ist Ihre typische Patientin?
Oft sind es Frauen um die 50. Mit der Menopause verändern sich der Körper und das Gewebe, grad in dem Alter sinkt die Brust nochmals ab, das Volumen nimmt in der Breite zu. Aber es gibt auch sehr junge Patientinnen mit grossen Brüsten.
Eine Brustverkleinerung kostet zwischen 10'000 und 14'000 Franken – in welchen Fällen übernimmt die Krankenkasse?
Nur wenn eine medizinische Notwendigkeit vorliegt. Sprich, es muss krank machen, Unwohlsein im Alltag reicht nicht. Die Patientin muss normalgewichtig sein, pro Seite müssen mindestens 500 Gramm entfernt werden können. Zwingend ist eine dokumentierte Behandlung wegen Rückenschmerzen – etwa mit Physiotherapie. Ohne solche Nachweise hat das Gesuch heute kaum eine Chance.
Hat sich die Haltung der Krankenkassen in den letzten Jahren verändert?
Ja, ganz klar. Vor 20 Jahren war man kulanter – heute sind die Hürden deutlich höher. Es wird sehr formal entschieden. Wer auf eigene Kosten in Massagen geht oder Beschwerden einfach erträgt, hat oft nichts in der Krankengeschichte dokumentiert. Diese Frauen fallen durch die Maschen – obwohl sie mit sehr grossen Brüsten und deutlichem Leidensdruck kommen.
Selbst wenn Beschwerden da sind, fallen sie durch die Maschen?
Dann heisst es von den Kassen einfach, das sei nicht objektivierbar. Und es wird sogar behauptet, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Brustgrösse und den Schmerzen gebe. Das ist fachlich schlicht falsch. Es gibt genügend Studien, die zeigen, wie stark sich die Beschwerden nach einer Verkleinerung verbessern.
Wie erleben Sie das in Ihrer Praxis?
Oft betreten meine Patientinnen den Raum mit eingezogenen Schultern, sie nehmen eine Schonhaltung ein. Viele kaschieren ihre Brust unter loser Kleidung. Nach der OP stehen sie plötzlich aufrecht da, selbstbewusst und frei.
Wie reagiert das Umfeld auf die Veränderung?
Meist wird das gar nicht bemerkt. Viele meinen, man habe abgenommen. Die Brust sitzt höher, dadurch verbessern sich die Proportionen. Man wirkt jünger, grösser und schlanker.
Was sind die Risiken?
Schwere Komplikationen sind selten – es ist ein Eingriff an der Körperoberfläche. Häufiger sind kleine Wundheilungsstörungen, die man mit entsprechender Nachsorge gut in den Griff bekommt. Die grösste Sorge sind oft die Narben – aber die liegen meist unauffällig in der natürlichen Brustfalte.
Brustverkleinerungen sind Ihr häufigster Eingriff – warum?
Das hat sich über die letzten 30 Jahre seit meiner ersten Brust-OP im Inselspital so entwickelt. Die Plastische Chirurgie ist wie ein Kunsthandwerk. Eine Bruststraffung oder Verkleinerung ist für mich eine besonders schöne, technisch anspruchsvolle Form davon. Ich mag die Herausforderung, aus einer unproportionalen, schweren Brust eine harmonische, zur Patientin passende Form zu gestalten. Es ist ein kreativer Prozess, bis heute lerne ich bei jedem Eingriff dazu – es gibt kein Rezeptbuch. Das macht diesen Beruf so spannend.
Machen Sie auch Brustvergrösserungen?
Ja, allerdings seltener. Auch bei einer flachen oder leeren Brust nach einer Schwangerschaft kann der emotionale Leidensdruck gross sein. Der Wunsch nach übergrossen Brüsten kommt aber immer seltener. Derzeit steigt auch die Nachfrage, Implantate zu entfernen. Frauen wünschen sich harmonische Proportionen, die zu ihrem Körper passen und mit denen sie sich wohlfühlen.