Darum gehts
- Rheinmetall Schweiz plant Ausbau in Studen SZ und stösst auf Widerstand
- Eine Gruppe von Einzelkämpfern wehrt sich gegen das Projekt
- Die Rheinmetall-Tochtergesellschaften sind Firmen nach Schweizer Recht
Das Gelände ist eingezäunt und videoüberwacht. Hinter den Gittern geht es ins Nirgendwo. Auf dem Ochsenboden in Studen SZ testet die Rüstungsfirma Rheinmetall Schweiz Waffen, Munition und andere tödliche Systeme. Um zum Beispiel in Kriegen Flugzeuge und Drohnen abzuschiessen oder Raketen auf Gebäude abzufeuern. Neben dem Testgelände liegt der Golfplatz Unteriberg.
Aus allen Richtungen des Nirgendwo tauchen an diesem regnerischen, verhangenen Tag Rheinmetall-Angestellte auf, um nach Hause zu fahren. 17 Uhr, Feierabend.
Bau eines Vertriebszentrums
Das Schweizer Tochterunternehmen des deutschen Rheinmetall-Konzerns möchte seine Tätigkeit erweitern und eine Vertriebs- und Produktionshalle errichten. Die Gemeinde Unteriberg, zu der Studen gehört, entscheidet über das Baugesuch.
Dagegen regt sich Widerstand. Eine Gruppe «Frye Schwyzer» bekämpft das Projekt. Voran schreitet Josef Ender (55). Er ist während der Corona-Zeit als Sprecher des «Aktionsbündnisses Urkantone» öffentlich bekannt geworden, indem er sich gegen die Behördenmassnahmen auflehnte. Der parteilose Ender propagiert Freiheit, Föderalismus und Souveränität, spricht sich für einen Zuwanderungsstopp aus und kritisiert den «Genderwahn».
SVP nicht im Boot
Positionen, die aus der SVP kommen könnten. Trotzdem lässt die Partei den Freiheitskämpfer allein gegen das Rheinmetall-Projekt ins Feld ziehen. Quasi mit einer Hellebarde gegen einen Produzenten modernster Kriegswaffen.
SVP-Präsident Marcel Dettling (44), im benachbarten Oberiberg SZ zu Hause, sieht in den Plänen des globalen Rüstungskonzerns keine Verletzung der bewaffneten Neutralität. Dettling zeigt sich zudem erfreut über die neuen Arbeitsplätze, die Rheinmetall in Studen schafft.
70-jährige Betriebsbewilligung
Josef Ender stört sich daran, dass der deutsche Rheinmetall-Konzern 1999 mit der Übernahme von Oerlikon Contraves auch die Betriebsbewilligung für deren Anlage zur Erprobung von Munition in Studen übernommen hat. Eine ursprüngliche Bewilligung für die Vorgängerfirma Oerlikon Bührle aus dem Jahr 1954. Nun will Rheinmetall auf der Grundlage der über 70-jährigen Betriebsbewilligung sogar ausbauen.
«Das Vorhaben lässt sich nicht mit der Neutralität der Schweiz vereinbaren», sagt Ender. Rüstungsgüter könnten von Studen aus über den Mutterkonzern in Kriegsgebiete geliefert werden. Er sei für eine bewaffnete Neutralität, aber mit der Zulassung solcher Tätigkeiten mache sich die Schweiz zur Kriegspartei. «Das ist nicht nur ethisch verwerflich, sondern auch gefährlich für die Bevölkerung, da Produktionsstätten in Kriegen zuerst angegriffen werden», sagt Ender.
Ein Rheinmetall-Sprecher sagt auf Anfrage, die Bedenken seien unbegründet. Das Unternehmen halte sich an sämtliche Schweizer Gesetze. Die Tochtergesellschaften des deutschen Konzerns seien Schweizer Firmen nach hiesigem Recht.
Mit dem Neubau in Studen sollen laut dem Sprecher Arbeitsplätze «in einstelliger Zahl» entstehen.
Entwarnung der Behörden
Ruedi Keller (SVP), der Gemeindepräsident von Unteriberg, betont, in Studen würden Waffen getestet, «um eine bewaffnete Neutralität zu gewährleisten».
Ein Sprecher des kantonalen Sicherheitsdepartements hält fest, die Betriebsbewilligung aus dem Jahr 1954 sei «nicht mit einem Endtermin versehen».
Als Einzelkämpfer unterwegs
Nicht nur die SVP, auch die linke Gegnerschaft von Kriegsmaterialexporten will nicht mit Josef Ender vereint kämpfen. Elia Gerber von der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) kritisiert zwar, Rüstungsproduzenten wie Rheinmetall nutzten die Schweiz als neutrales Land, um ihre Profite zu steigern. Trotzdem steht die GSoA laut Gerber nicht in Kontakt mit der lokalen Opposition – weil sie im Kanton Schwyz keine Sektion habe, so die offizielle Begründung. Ideell unterstütze die GSoA den Widerstand aber.