Diese Massnahmen testet die SBB bei hohen Temperaturen
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Pressekonferenz zur Hitzewelle:Diese Massnahmen testet die SBB bei hohen Temperaturen

Viele Massnahmen kommen zu spät
SBB von Hitzewelle kalt erwischt

Wegen der hohen Temperaturen der letzten Jahre häufen sich Fälle, in denen sich die Gleise verbiegen. Viele Bahnen versuchen dem entgegenzuwirken, indem sie die Schienen weiss bemalen. Die SBB testen noch.
Publiziert: 22.07.2019 um 22:57 Uhr
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Aktualisiert: 23.07.2019 um 09:00 Uhr
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Die hohen Temperaturen machen den SBB zu schaffen. Gleisdeformationen drohen.
Foto: keystone-sda.ch
Pascal Tischhauser

Bis am Donnerstag steigen die Temperaturen auf 36 Grad. Das macht Schweizer Bahnunternehmen zu schaffen. Denn die Hitze kann zu Schienenverformungen führen.

Wie drastisch deren Folgen sein können, erlebten Zehntausende Bahnkunden am 27. Juni: Gleisdeformationen zwischen Bern und Bern-Wankdorf und eine Stellwerkstörung in Hindelbank BE führten zu Zugausfällen und Verspätungen.

Die Passagiere mussten immer wieder die Züge wechseln, um dann auf irgendeinem Berner Regionalbahnhof zu stranden. Die Kundeninformation war mangelhaft: Wer sich einen Platz in einem Ersatzbus ergatterte, hatte hinzunehmen, dass der Bus nur bis zu einem anderen Regionalbahnhof fuhr.

Dass sich Gleise verbiegen, kommt wieder häufiger vor

Ein solches Verkehrschaos wie an jenem Donnerstagabend könnte sich bald wiederholen, denn in den nächsten Tagen rollt erneut eine Hitzewelle heran. Und die SBB haben sich darauf kaum vorbereitet. Sie informieren bloss, den «Gleisverwerfungen» begegne man durch den Einbau von Beton- statt von Holzschwellen.

Dabei würde schon eine kleine Massnahme die Schienentemperatur um sieben Grad senken. Das kann reichen, um Gleisverformungen zu verhindern. Denn diese kommen häufiger vor. Zwar habe in den letzten 15 Jahren die Anzahl der Gleisverwerfungen dank Beton- statt Holzschwellen lange gesenkt werden können, sagt auch Juliane Pamme, Sprecherin der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB), doch aufgrund zuvor noch nie gemessener Temperaturen «haben sich die Gleisverwerfungen wieder gehäuft».

ÖBB haben einen Malzug entwickelt

Darum handeln die ÖBB ennet der Schweizer Grenze und führen in Vorarlberg einen ersten grösseren Test auf einer über fünf Kilometer langen Strecke bei Bludenz durch: Experten der ÖBB-Infrastruktur haben gemeinsam mit Lehrlingen der Lehrwerkstätte Feldkirch ein Fahrzeug entwickelt, mit dem Schienen weiss eingefärbt werden können, um die Temperaturen in der Schiene zu verringern. «Mit einem umgebauten Oberbauwagen können mehrere Kilometer Schiene in nur wenigen Stunden von ‹Kopf bis Fuss› lackiert werden», sagt Pamme.

Und weil auch eine ETH-Studie die kühlende Wirkung der weissen Farbe bestätigt, haben Schweizer Regionalbahnen schon 2018 begonnen, Gleise weiss anzumalen – erfolgreich, wie ein Versuch der Rhätischen Bahn (RhB) zeigt. Die RhB hatte 2018 einen sonnenexponierten Teil der häufig befahrenen Strecke durchs Prättigau GR weiss gestrichen. Zwar ist die RhB vorsichtig, denn: «Wenn es zu keinen Verwerfungen kommt, lässt sich im Nachhinein ja nicht belegen, dass es wegen der Farbe war.» Doch wie Sprecher Simon Rageth sagt, setzt die RhB nun bei weiteren exponierten Stellen von sechs Linien auf Weiss.

Besser als nichts tun

Ebenfalls auf Weiss haben die Basler Verkehrs-Betriebe bei «Drämmli»-Schienen gesetzt, und zwar dort, wo es schon früher zu Verwerfungen kam. Dennoch verbogen sich die Schienen 2018 erneut. «Stand heute gehen wir davon aus, dass das Einfärben der Gleise mit weisser Farbe eine Gleisverwerfung leider nur begrenzt verhindern kann», heisst es darum bei den Baslern.

Und auch die Appenzeller Bahnen haben punktuell die Schienen weiss angemalt, um Gleisverformungen entgegenzuwirken. Laut Thomas Halter, dem Leiter Betrieb, sieht man auch im Appenzellischen die Einfärbung nicht als Allerheilmittel. Die Erfahrungen der verschiedenen Bahnen zeigen aber, dass das Bemalen mit weisser Farbe besser ist, als nichts zu tun.

SBB wollen erst noch testen

Doch davon sind die SBB noch nicht überzeugt. Sie testen die Einfärbung nun erst mal auf einem unbefahrenen Gleis in Solothurn. Frühestens 2020 treffen die Bundesbahnen zusätzlich zu den heutigen Unterhaltsarbeiten allfällige Massnahmen.

«Wir tun alles, damit Reisende ans Ziel kommen»

Linus Looser, Leiter Bahnproduktion, erklärt, wie die SBB auf die Hitze der nächsten Tage vorbereitet sind. Dies, nachdem es bei den hohen Temperaturen am 27. Juni bereits zu erheblichen Problemen auf der wichtigen Ost-West-Verbindung kam.

BLICK: Herr Looser, in den nächsten Tagen wird es wieder 36 Grad. Muss man mit einem Chaos rechnen wie am 27. Juni?
Linus Looser:
Mit einem Chaos muss man nicht rechnen. Wir hatten am 27. Juni zwei grosse Störungen zwischen Bern und Olten, was dazu führte, dass die Reisenden zwischen Bern, Olten und Zürich grosse Einschränkungen in Kauf nehmen mussten. Störungen können wir grundsätzlich nicht ausschliessen, aber wir tun alles dafür, dass diese möglichst schnell behoben werden und Reisende trotzdem ans Ziel kommen.

Aber bei Temperaturen von über 35 Grad steigt das Risiko, dass es wieder zu Problemen kommt.
Es ist natürlich schon so, dass das Rollmaterial bei so hohen Temperaturen gefordert ist. Die Störanfälligkeit steigt.

Am 27. Juni haben sich die Schienen zwischen Bern und Wankdorf verbogen. Was kann man gegen dieses Problem tun?
Bei solchen Gleisverwerfungen verbiegt sich die Schiene um mehr als 5 Zentimeter. Dann muss man entweder bei dieser Stelle langsam fahren, oder man sperrt dieses Gleis. Wir investieren viel Geld in den Unterhalt, und deshalb sind die Gleisverwerfungen auch zurückgegangen. Wir setzen dazu auch immer mehr Betonsockel statt Holz ein. Dazu testen wir auch, was es bringt, neuralgische Stellen mit weisser Farbe anzustreichen.

Aber konkret: Worauf muss sich der SBB-Kunde angesichts der kommenden Hitzetage vorbereiten?
Er kann davon ausgehen, dass sein Zug sicher und pünktlich verkehrt. Und dass er auch klimatisiert ist. Bei solchen Hitzetagen rate ich allen, was wir auch Mitarbeitern raten: Trinken Sie genug und warten Sie an schattigen Plätzen. Ich stehe dafür ein, dass wir auch in den kommenden Tagen einen zuverlässigen Betrieb haben werden. Falls es zu Störungen kommt, setzen wir alles daran, dass diese möglichst gering ausfallen. (pt)

Linus Looser, Leiter Bahnproduktion, erklärt, wie die SBB auf die Hitze der nächsten Tage vorbereitet sind. Dies, nachdem es bei den hohen Temperaturen am 27. Juni bereits zu erheblichen Problemen auf der wichtigen Ost-West-Verbindung kam.

BLICK: Herr Looser, in den nächsten Tagen wird es wieder 36 Grad. Muss man mit einem Chaos rechnen wie am 27. Juni?
Linus Looser:
Mit einem Chaos muss man nicht rechnen. Wir hatten am 27. Juni zwei grosse Störungen zwischen Bern und Olten, was dazu führte, dass die Reisenden zwischen Bern, Olten und Zürich grosse Einschränkungen in Kauf nehmen mussten. Störungen können wir grundsätzlich nicht ausschliessen, aber wir tun alles dafür, dass diese möglichst schnell behoben werden und Reisende trotzdem ans Ziel kommen.

Aber bei Temperaturen von über 35 Grad steigt das Risiko, dass es wieder zu Problemen kommt.
Es ist natürlich schon so, dass das Rollmaterial bei so hohen Temperaturen gefordert ist. Die Störanfälligkeit steigt.

Am 27. Juni haben sich die Schienen zwischen Bern und Wankdorf verbogen. Was kann man gegen dieses Problem tun?
Bei solchen Gleisverwerfungen verbiegt sich die Schiene um mehr als 5 Zentimeter. Dann muss man entweder bei dieser Stelle langsam fahren, oder man sperrt dieses Gleis. Wir investieren viel Geld in den Unterhalt, und deshalb sind die Gleisverwerfungen auch zurückgegangen. Wir setzen dazu auch immer mehr Betonsockel statt Holz ein. Dazu testen wir auch, was es bringt, neuralgische Stellen mit weisser Farbe anzustreichen.

Aber konkret: Worauf muss sich der SBB-Kunde angesichts der kommenden Hitzetage vorbereiten?
Er kann davon ausgehen, dass sein Zug sicher und pünktlich verkehrt. Und dass er auch klimatisiert ist. Bei solchen Hitzetagen rate ich allen, was wir auch Mitarbeitern raten: Trinken Sie genug und warten Sie an schattigen Plätzen. Ich stehe dafür ein, dass wir auch in den kommenden Tagen einen zuverlässigen Betrieb haben werden. Falls es zu Störungen kommt, setzen wir alles daran, dass diese möglichst gering ausfallen. (pt)

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