Die Affäre um die Luzerner Verkehrsbetriebe (VBL) ist der Stadtregierung entglitten. Stadtpräsident Beat Züsli (57, SP) und Finanzdirektorin Franziska Bitzi Staub (47, CVP) zeigten sich vor der Presse teilweise überfordert. Sie konnten nicht erklären, weshalb sie die Augen davor verschliessen, dass bei den VBL über Jahre zu hohe Subventionen eingesackt wurden, um der Stadt die jährlich geforderte Dividende von einer Million Franken abzuliefern.
Der VBL-Bschiss, bei dem Bürgerinnen und Bürgern wohl um 16 Millionen Franken Steuergeld geprellt wurden, soll nach dem Willen der Stadtregierung ungeahndet bleiben. Dabei fordert die städtische Geschäftsprüfungskommission, Strafanzeige zu erstatten.
Stadt-Million animierte zum Bschiss
Die Stadtoberen wollen lieber in die Zukunft schauen. In der Verantwortung stünden der Verkehrsverbund im Kanton (VVL), das Bundesamt für Verkehr (BAV) und der VBL-Verwaltungsrat. Also alle andern. Dumm nur, trat der VBL-Verwaltungsrat um Präsidentin Yvonne Hunkeler (53) am Freitag per sofort zurück. Er reagierte damit auf den Bericht zur externen Untersuchung der Zustände bei den VBL.
«Professionell und menschlich enttäuscht» sei sie, sagte CVP-Politikerin Bitzi Staub über den Abgang von Parteifreundin Hunkeler und Co. Doch im Bericht kommt auch die Stadt Luzern nicht gut weg. Zwar hatte die Stadtregierung nicht gewusst, dass es für die VBL kaum möglich war, mit den Nebengeschäften (in denen Gewinne anfallen dürfen) genügend Geld einzufahren, um der Stadt jährlich eine Million abzugeben. Doch die geforderte Dividendenerwartung war ein Dauerthema: Es schien dem VBL-Direktor Norbert Schmassmann (64, CVP) laut Bericht quasi als «gottgegeben», dass die Million abzuliefern sei.
Der grosse Bschiss mit den kleine vbl
Damit sind wir mitten im Bschiss. Der Luzerner Trick: Es gab die grosse VBL-Mutter und die klein(geschrieben)e vbl-Tochter. Eine solche Holdingstruktur hatte bereits beim Postauto-Bschiss geholfen zu optimieren. Laut den Autoren des Untersuchungsberichts haben die Verantwortlichen die Holdingstruktur «gezielt gewählt und verwendet, um Gewinne – auch im subventionierten öffentlichen Personenverkehr – ins Trockene zu bringen».
Wie funktioniert ein Subventions-Bschiss? Kantone oder Gemeinden bestellen bei einem Unternehmen des öffentlichen Verkehrs beispielsweise eine Buslinie von A nach B. Die ÖV-Firma zeigt, was sie der Betrieb kosten wird und welche Ticketeinnahmen sie erzielen kann.
Die Einnahmen decken die Kosten normalerweise nicht, weshalb der Fehlbetrag durch die öffentliche Hand abgegolten wird. Sind aber die tatsächlichen Kosten geringer als ausgewiesen, erhält ein ÖV-Unternehmen zu viel an Abgeltungen. Genau das war bei den VBL während Jahren der Fall.
Wie funktioniert ein Subventions-Bschiss? Kantone oder Gemeinden bestellen bei einem Unternehmen des öffentlichen Verkehrs beispielsweise eine Buslinie von A nach B. Die ÖV-Firma zeigt, was sie der Betrieb kosten wird und welche Ticketeinnahmen sie erzielen kann.
Die Einnahmen decken die Kosten normalerweise nicht, weshalb der Fehlbetrag durch die öffentliche Hand abgegolten wird. Sind aber die tatsächlichen Kosten geringer als ausgewiesen, erhält ein ÖV-Unternehmen zu viel an Abgeltungen. Genau das war bei den VBL während Jahren der Fall.
Faktisch hat man einen Gewinnzuschlag in die Kosten einberechnet, aber das Gegenteil behauptet: In einer schriftlichen Erklärung hatten die VBL versichert, «dass im abgeltungsberechtigten Regional- und Ortsverkehr keine Gewinnzuschläge beziehungsweise Eigenkapitalzinsen berücksichtigt sind». Laut den Autoren dürfte dies eine gesetzeswidrige Täuschung sein, ein Straftatbestand.
Nächste Woche kommen die Anzeigen
Einiges erinnert beim Luzerner Bschiss an den Skandal bei Postauto. Beim gelben Riesen war es so, dass keine Stelle die strafrechtliche Aufarbeitung an die Hand nehmen wollte, sodass am Schluss der Bundesrat entschied, das Bundesamt für Polizei (Fedpol) mit dem Postauto-Bschiss zu betrauen.
Und auch jetzt gibt es wieder ein Hin und Her, ob die Luzerner Staatsanwaltschaft oder die Bundesanwaltschaft tätig werden soll. Doch so oder so: Gegen Ende kommender Woche wollen BAV und VVL ihre Strafanzeigen einreichen, wie BLICK weiss. Die Stadtoberen müssen sich dann doch mit einem Gerichtsverfahren bei ihrer VBL AG herumschlagen.