Kurz zusammengefasst
- Verhandlungen Schweiz-EU nähern sich dem Ziel
- Doch die Schutzklausel könnte für die Schweiz zum Bumerang werden
- Frankreich bremst, es droht erneut ein Ausschluss aus dem Forschungsprogramm Horizon Europe
Die Verhandlungen zwischen der Schweiz und der EU über die Modernisierung der bilateralen Abkommen nähern sich dem Ziel. In einigen Bereichen, wie der dynamischen Rechtsübernahme und der Streitschlichtung, wurden bereits Fortschritte erzielt. Doch in anderen Punkten, etwa bei der Personenfreizügigkeit, wird weiterhin hart um Kompromisse gerungen.
Ein zentrales Thema ist die vom Schweizer Bundesrat geforderte Schutzklausel. Diese soll greifen, wenn die Zuwanderung aus der EU zu stark ansteigt. Die EU-Kommission reagiert skeptisch: In den vorangegangenen Gesprächen sei davon nie die Rede gewesen. Brüssel fürchtet, dass die Schweiz das mühsam erarbeitete Gleichgewicht ins Wanken bringt.
Frankreich bremst
Besonders Frankreich zeigt wenig Kompromissbereitschaft, wie die Zeitungen von CH Media schreiben. Am Montag habe das Land im EU-Botschafterausschuss klargemacht: Wenn sich die Schweiz nicht an die Vereinbarungen hält, wird es bis Ende 2024 keine Einigung geben. Trotz innenpolitischer Turbulenzen bleibt Frankreich in Brüssel ein wichtiger Akteur.
Das hätte Folgen: Ohne eine Einigung bis Jahresende droht den Schweizer Universitäten erneut der Ausschluss aus dem EU-Forschungsprogramm Horizon Europe. Schweizer Forscher könnten sich dann nicht mehr an den grossen Ausschreibungen des Jahres 2025 beteiligen. Erst im vergangenen Juli hiess es noch, Bern und Brüssel hätten sich in ihren Verhandlungen über das künftige Verhältnis angenähert.
Gegenangebot aus Brüssel
Die EU könnte als Ausgleich zur Schutzklausel eine sogenannte «Studentenfreizügigkeit» fordern, wie CH Media weiter schreibt. Eine solche würde verlangen, dass Studierende aus der EU und der Schweiz gleichbehandelt würden. Doch dies stösst offenbar auf Widerstand in der Schweiz. Die Schweizer Verhandler sorgen sich, dass durch einen uneingeschränkten Zugang für EU-Studierende das Ansehen der Schweizer Maturität geschwächt werden könnte.
Zudem haben die Eidgenössischen Technischen Hochschulen in Zürich und Lausanne kürzlich beschlossen, die Studiengebühren für Ausländer zu erhöhen. Der Druck, diesen Schritt angesichts knapper Ressourcen und stetig steigender Studierendenzahlen aus der EU weiter auszubauen, ist gross.
Ob die Verhandlungen bis Ende des Jahres abgeschlossen werden, bleibt ungewiss. Neben der Schutzklausel gibt es noch offene Punkte wie das Elektrizitätsabkommen und den Schweizer Kohäsionsbeitrag. Beim Treffen von Bundespräsidentin Viola Amherd (62) und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (65) in Genf am Dienstag bekräftigte Letztere die Absicht, die Gespräche bis Ende 2024 abzuschliessen. Bis dahin bleibt viel zu tun.