Nationalrat lehnt Gotthard-Maut hauchdünn ab
Kommt nun eine Volksinitiative?

Auf den Autobahnen über Nord-Süd-Alpenübergänge soll weiterhin keine Maut bezahlt werden müssen. Der Nationalrat hat am Dienstag eine Benutzungsgebühr für Tunnels nur ganz knapp abgelehnt. Der Verein Pro Alps aber will nicht lockerlassen.
Publiziert: 06.05.2025 um 19:14 Uhr
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Aktualisiert: 06.05.2025 um 20:49 Uhr
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Regelmässig staut sich der Verkehr am Gotthard. Viele Automobilisten weichen über die umliegenden Dörfer aus.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Nationalrat unternimmt neuen Anlauf gegen Gotthard-Stau und Ausweichverkehr
  • Sperrungen für Transitverkehr auf Hauptstrassen in Uri, Graubünden und Tessin geplant
  • Motion mit 101 zu 92 Stimmen angenommen, geht nun an Ständerat
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Es ist so sicher wie das Amen in der Kirche: An Ostern und Pfingsten staut sich am Gotthard der Verkehr. Jahr für Jahr wird die Blechlawine grösser. Das Warten dauert Stunden. Schon seit Jahren ärgern sich nicht nur die Autofahrer, sondern auch die Kantone entlang der Verkehrsachse – vor allem über den Ausweichverkehr, der ihre Strassen verstopft. Ebenfalls seit Jahren versucht die Politik, Lösungen zu finden. Bisher ohne spürbaren Erfolg.

Am Dienstag nun hat der Nationalrat einen neuen Anlauf unternommen. Er konnte sich am Dienstag aber nur zu einzelnen konkreten Massnahmen durchringen. Die weitreichendsten Forderungen wurden ausgebremst – aber das nur hauchdünn.

So soll am Gotthard weiterhin keine Maut bezahlt werden müssen. Der Nationalrat lehnte die Forderung mit knappstem Mehr ab, mit 91 zu 90 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Ratspräsidentin Maja Riniker (46, FDP) gab den Stichentscheid.

«Weiterhin nur Pflästerlipolitik»

In den Motionen waren bereits Eckwerte skizziert. Demnach sollte die Maut variabel sein, um die Infrastruktur besser auszulasten. Zudem sollten Einheimische und die regionale Wirtschaft mit tieferen Preisen entlastet werden. Flankierende Massnahmen sollten verhindern, dass der Gebühr über andere Strecken ausgewichen wird.

Mit der Ablehnung im Nationalrat aber ist die Forderung längst nicht vom Tisch. Der Verein Pro Alps, die frühere Alpen-Initiative, will nun die Lancierung einer Volksinitiative prüfen, wie er am Dienstagabend mitteilte. Denn der Personen­verkehr durch die Schweizer Alpen wachse ungebremst und belaste Mensch und Natur zunehmend.

«Statt das Problem an der Wurzel zu packen, wird weiterhin Pflästerli­politik betrieben», wirft Pro Alps dem Nationalrat vor. «Er verpasst damit die Chance, das überbordende Verkehrsaufkommen auf der Nord-Südachse wirksam einzudämmen.»

Maut in anderen Ländern längst Realität

Eingereicht hatten die Maut-Vorstösse GLP-Fraktionschefin Corina Gredig (37), Mitte-Nationalrat Simon Stadler (37) und der mittlerweile zur GLP gestossene frühere Freisinnige Matthias Samuel Jauslin (63). Strassengebühren an alpenquerenden Übergängen seien in anderen Ländern längst Realität, begründeten sie den Vorstoss.

Eine Tunnelgebühr trage dazu bei, dass die Benutzerinnen und Benutzer für die Infrastruktur bezahlten, gerade an Spitzentagen. Variabel angewendet, könne sie helfen, Belastungsspitzen zu vermeiden. «Wer zu Randzeiten fährt, zahlt weniger, und wer zu Spitzenzeiten fährt, zahlt mehr», sagte Gredig.

«Es ist Zeit für eine verkehrspolitische Weichenstellung», fügte der Urner Stadler hinzu. Es gehe nicht nur um den Gotthard, sondern auch um die San-Bernardino-Route. Dynamische Preise gebe es auch für Flugtickets oder in Skigebieten. Dort habe er die Idee abgekupfert, sagte Stadler.

Mit einer Mautgebühr könnten die hohen Kosten am Gotthard den Verursachern verrechnet werden, sagte Jauslin. Hauptverursacher der Staus an Spitzentagen sei der ausländische Durchgangsverkehr, der Gebühren im Ausland über den Gotthard ausweiche.

Zu den Maut-Gegnern zählte Verkehrsminister Albert Rösti (57). Eine Benutzungsgebühr könnte mit hohen Tarifen die Situation zwar verbessern, sagte er. Aber mit der Maut wäre das Tessin nur noch über gebührenpflichtige, ganzjährige Strassenverbindungen mit den restlichen Landesteilen verbunden, gab er zu bedenken.

Sperrungen sollen Ausweichverkehr verhindern

Angenommen wurde hingegen eine andere umstrittene Massnahme: Sind Nord-Süd-Transitachsen wegen Staus verstopft, sollen die betroffenen Kantone den Ausweichverkehr über wichtige Durchgangsstrassen ausbremsen können. Strassenabschnitte sollen bei Bedarf vorübergehend gesperrt werden können. Der Nationalrat hat mit 101 zu 92 Stimmen bei einer Enthaltung eine Motion seiner Verkehrskommission gutgeheissen. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat.

Die Motion betrifft die Hauptstrassen H2 und H13 in den Kantonen Uri, Graubünden und Tessin. Anwohner und auch Zubringer sollen diese Strasse trotz Sperrungen für den Transitverkehr befahren dürfen. Die Mehrheit verwies auf einen Bericht des Bundesrates, in dem Sperrungen als wirksam gegen Ausweichverkehr genannt wurden.

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