Sozialkommission entscheidet über SVP-Deal zu AHV-Initiative
Werden Witwenrenten zugunsten der Ehepaare gekappt?

Der Bundesrat will die lebenslangen Witwenrenten kappen, die Mitte die Ehepaarrenten erhöhen. Die SVP will beides zu einem Gegenvorschlag verquicken. Doch die Fronten sind vertrackt.
Publiziert: 00:14 Uhr
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Aktualisiert: 07:43 Uhr
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Die Witwenrenten stehen in der nationalrätlichen Sozialkommission zur Debatte.
Foto: Keystone

Darum gehts

  • Der Bundesrat will die lebenslangen Witwenrenten kappen
  • Eine Mitte-Initiative fordert bessere Ehepaarrenten
  • In der nationalrätlichen Sozialkommission wird nun ein Gegenvorschlag diskutiert
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Das nächste Kapitel in der AHV-Saga steht an. Im Mittelpunkt: Witwen auf der einen Seite, Ehepaare auf der andern. Dabei steht ein Szenario im Raum, bei welchem die Witwenrenten gekappt werden, um die Ehepaarrenten aufzubessern.

Die nationalrätliche Sozialkommission überlegt nämlich, zwei Geschäfte zu verquicken. Das kommt so: Der Bundesrat will die Hinterlassenenrenten massiv beschränken und so jährlich Hunderte Millionen Franken bei der AHV sparen. Witwen sollen künftig keine lebenslangen Hinterlassenenrenten mehr erhalten.

Die Mitte-Partei hingegen will mit einer Volksinitiative die Deckelung der Ehepaarrenten bodigen. Das Problem: Ehepaare erhalten heute maximal 150 Prozent einer Altersrente – also höchstens 3780 Franken monatlich. Konkubinatspaare hingegen bekommen zwei separate Einzelrenten von bis zu 2520 Franken, zusammen also 5040 Franken. Diese «Heiratsstrafe» für Verheiratete soll fallen.

SVP-Deal für 175 Prozent

Am Freitag diskutiert die Sozialkommission nun, ob sich die beiden Themen in eine einzige Vorlage packen lassen. Diese würde dann als Gegenvorschlag der Mitte-Initiative gegenübergestellt.

Der Anstoss dazu kommt aus der SVP. Parteichef Marcel Dettling (44) machte schon früher im Blick klar, dass er bei einem Witwenrenten-Abbau nur mitmacht, wenn im Gegenzug die Ehepaarrenten erhöht werden. Diesen Deal trägt Fraktionschef Thomas Aeschi (46) nun in die Kommission. Sein Antrag: Der Ehepaarplafonds soll von 150 auf 175 Prozent steigen, dafür sollen Witwenrenten beschränkt und auch gleich die Alterskinderrenten für betagte Eltern gestrichen werden. «Gibt es keinen Gegenvorschlag, werde ich die Mitte-Initiative unterstützen», sagt Aeschi.

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Gegen den SVP-Vorschlag läuft die Linke Sturm. «Die SVP will auf dem Buckel der Witwen die Ehepaarrenten erhöhen», sagt SP-Co-Chefin Mattea Meyer (37). «Eine derart unsoziale Politik werden wir nie und nimmer unterstützen.» Offen zeigt sie sich dafür, den Ehepaar-Plafond zu erhöhen. Im Gegenzug sollen dafür gewisse Privilegien fallen – wie etwa die Beitragspflicht-Befreiung für nicht erwerbstätige Ehepartner.

Die FDP hingegen plädiert für eine zivilstandsunabhängige Individualrente, ist damit aber chancenlos. «Wir sind offen für einen höheren Ehepaar-Plafond, allenfalls auf 165 Prozent, wenn die Vorlage kostenneutral ausfällt», sagt FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (31). «Es braucht ein Gleichgewicht. Wenn wir auf der einen Seite Leistungen ausbauen, müssen wir andernorts kompensieren.» Als Beispiel nennt er die Abschaffung des Verwitwetenzuschlags.

Fronten sind vertrackt

Finden sich FDP und SVP zu einem Deal, kommen sie in der Kommission auf 12 von 25 Stimmen. Eine Stimme braucht es also noch. Und diese könnte von GLP-Mann Patrick Hässig (46) kommen. «Ich möchte einen Gegenvorschlag, der haushaltsneutral und generationengerecht ist», sagt er. «Der Plafond sollte, wenn überhaupt, nicht auf einen Schlag, sondern schrittweise erhöht werden.» Mit einer solchen Lösung liesse sich für die Bevölkerung eine gute Alternative zur Mitte-Initiative bieten, ist er überzeugt.

Denkbar ist aber auch, dass FDP, SP und GLP zusammenspannen. Die Fronten sind aber vertrackt, ohne einschneidende Kompromisse wird es nicht gehen. Dass es tatsächlich zu einem Gegenvorschlag kommt und welches Modell dabei obsiegt, darauf mag derzeit niemand wetten. Möglich ist, dass die Kommission noch weitere Varianten abklären lässt, bevor es zum Showdown kommt.

Mitte hält an Initiative fest

Die Mitte kann sich im Gegenvorschlag-Streit zurücklehnen, hält sie doch an ihrer Initiative fest. «Wir bieten keine Hand für einen Gegenvorschlag, der Witwen und Ehepaare gegeneinander ausspielt», stellt Mitte-Nationalrat Thomas Rechsteiner (53) klar.

Die beiden Vorlagen müssten deshalb separat betrachtet werden. «Bei den Hinterlassenen geht es um eine sozialverträgliche Anpassung, bei den Ehepaaren um die Beseitigung einer Ungerechtigkeit.»

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