Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann will den Vollzug der flankierenden Massnahmen gegen Lohndumping verbessern. Das sagte er letzte Woche. Und es ist dringend nötig, wie jetzt ein Bericht des Bundes enthüllt.IMAGE-ERROR
Denn es hapert gewaltig. So führten gewisse Kantone nur in einer einzigen Branche überhaupt Kontrollen durch. Für Daniel Lampart, Chefökonom des Gewerkschaftsbundes, ein grosses Ärgernis: «In anderen Branchen könnte bei den Löhnen der Teufel los sein, und die Behörden merken es nicht.»
IMAGE-ERRORDas Beispiel steht im neuen Bericht «Erfolgsfaktoren beim Vollzug der flankierenden Massnahmen». Darin zeigen Experten im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) von Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch, wie unterschiedlich die Kantone 2014 vorgegangen sind. So kontrollierten etwa Zug und Schaffhausen bei inländischen Firmen nur in einer Branche. Dagegen versuchten andere Kantone, den ganzen Arbeitsmarkt im Auge zu behalten.
Ebenso gross sind die Differenzen, wenn es um die Kontrolle von Schweizer Firmen geht. Obschon auch dort und nicht nur bei in der Schweiz tätigen ausländischen Firmen Lohndumping vorkommt. In den Grenzkantonen Genf, Jura, Neuenburg, Tessin und Waadt liegt die Gesamtzahl der Kontrollen bei Schweizer Arbeitgebern laut Studie um einiges höher als bei ausländischen Dienstleistungserbringern. Im Rest der Schweiz ist alles anders: Schweizer Arbeitgeber lässt man geradezu links liegen.
Die Studienverfasser warnen: Den meisten Kantonen sei es nicht möglich, Personen zu identifizieren, welche Gesuche um Grenzgänger- oder Aufenthaltsbewilligungen stellten. Damit könne man bei ihnen keine gezielten Lohnkontrollen durchführen. Dies liegt an der Bundesgesetzgebung, die keinen Informationsaustausch zwischen kantonalen Migrationsämtern und Arbeitsmarktspezialisten vorsieht.
Lampart kritisiert: «Die Grenzkantone in der Ostschweiz kontrollieren zu wenig.» Sie missachteten zum Teil ihren Auftrag, den gesamten Arbeitsmarkt zu beobachten. Und: «Ich verstehe nicht, warum etwa Schaffhausen fast keine inländische Firmen kontrolliert.» Besonders problematisch sei, dass Schaffhausen 2014 nur im Gastgewerbe kontrollierte. «Dann ist es logisch, dass kein Lohndumping festgestellt wird und keine Mindestlöhne festgesetzt werden», so Lampart.
Vivian Biner, Leiter des Schaffhauser Arbeitsamts, erklärt die einseitige Kontrolltätigkeit in seinem Kanton: «Wir hatten im entsprechenden Jahr Hinweise auf Schwarzarbeit im Gastro-Kleingewerbe und haben darum schwerpunktmässig dort auch im Bereich flankierende Massnahmen kontrolliert.» Für ihn ist aber auch klar: «Der Bericht liefert uns sicher Hinweise, wie wir unsere Arbeit in Zukunft verbessern können.» Biner will nun auch das geplante Arbeitsmarkt-Beobachtungskonzept, das bald in Kraft gesetzt werden soll, entsprechend anpassen.IMAGE-ERROR
Bernhard Neidhart, Leiter des Zuger Amts für Wirtschaft und Arbeit, verwahrt sich gegen die Kritik: «Im Kanton Zug gibt es viele Personalverleiher für die verschiedensten Berufsgruppen.» Diese Branche habe man besonders im Jahr 2014 im Fokus gehabt. Unterdessen gelte auch für kleinere Firmen ein Branchen- Gesamtarbeitsvertrag. Für Neidhart ist klar: «Zug führt Kontrollen gezielt und entsprechend der Risiko-Exposition durch.»
Laut Seco-Sprecher Fabian Maienfisch erachtet das Staatssekretariat den Bericht «als ein wichtiges Element, um den Vollzug weiter zu optimieren». Man sei der Ansicht, dass sich die flankierenden Massnahmen bewährt hätten und der Vollzug grundsätzlich gut funktioniere.
Aber auch das Seco sieht Handlungsbedarf: Bei einigen Vollzugsorganen liege die Herausforderung heute nicht so sehr bei der Anzahl Kontrollen, sondern eher bei der verstärkten Risiko-Orientierung dieser Kontrollen.