Ruf nach Maulkorb
Bundesrat nervt sich über Corona-Taskforce

Die Beziehungen zwischen Landesregierung und der Corona-Expertengruppe sind zunehmend angespannt. Die solle sich doch bitte aufs Beraten beschränken, wird im Bundesrat kritisiert.
Publiziert: 20.11.2020 um 17:38 Uhr
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Aktualisiert: 19.01.2021 um 10:37 Uhr
Für die Taskforce sprechen darf eigentlich nur er: Präsident Martin Ackermann.
Foto: Keystone
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Gianna Blum

Seit Ende Februar steht dem Bundesrat in der Corona-Krise ein Expertengremium zur Seite: die täglich zitierte Corona-Taskforce. Die soll den Bund beraten – nicht mehr und nicht weniger. Doch viele Taskforce-Mitglieder halten sich mit Kritik an Behördenentscheiden nicht zurück. Auch in den offiziellen Stellungnahmen werden die Entscheide der Landesregierung immer wieder skeptisch kommentiert.

Das kommt auf Seite Bund oft schlecht an. Finanzminister Ueli Maurer (69) etwa sorgte kürzlich für Schlagzeilen, als er an einer SVP-Delegiertenversammlung über die Experten schimpfte: Kaum seien Bundesratsentscheide kommuniziert, würden sie gleich wieder kritisiert.

Bundesräte wünschen sich Maulkorb

Und Maurer ist nicht der einzige Magistrat, der sich nervt. BLICK weiss, dass die kritischen Stimmen im Bundesrat lauter werden. Einige Bundesräte wünschen sich einen Maulkorb für die Experten: Die sollen sich doch bitte aufs Beraten des Bundes konzentrieren – und in der Öffentlichkeit schweigen.

Nicht nur, weil einzelne Taskforce-Mitglieder das Rampenlicht nicht scheuen. Sondern auch, weil jede Empfehlung öffentlich ist, die Mitglieder sich teils gar widersprechen – und am Schluss die Bevölkerung wegen dieser Kakophonie unterschiedlicher Meinungen verwirrt zurückbleibt.

Das Mandat macht klare Vorgaben

Laut Mandat hat die Taskforce die Aufgabe, das Amt und den Bundesrat mit «unabhängiger wissenschaftlicher Expertise» zu unterstützen. Doch im Mandat sind auch klare Vorgaben punkto Kommunikation festgelegt. Für die Taskforce sprechen darf demnach einzig der Präsident, aktuell Martin Ackermann.

Allen anderen steht es zwar frei, sich zu äussern – doch sie dürfen das nicht im Namen der Taskforce tun, was auch jeweils «klar zu deklarieren» sei. Und: Falls eine Empfehlung einen Einfluss auf Bundesratsentscheide haben könnte, dürfen diese erst nach dem Entscheid veröffentlicht werden.

«Es fehlt die Führung»

Experten äussern sich ebenfalls kritisch zur Rolle der Taskforce. So sagt der Gesundheitsrechtler Christoph A. Zenger gegenüber CH Media, dass eine sinnvolle Kommunikation der Behörden verunmöglicht werde, weil sich immer wieder einzelne Mitglieder öffentlich mit Forderungen, was zu tun sei, profilieren. «Der Taskforce fehlt die Führung, und es fehlt eine Regelung ihrer Aufgaben und Kommunikationsweise. Der Bund sollte das umgehend nachholen.»

Der Ball läge damit bei Gesundheitsminister Alain Berset (48). Denn auch wenn die Taskforce gerne als «Expertin des Bundes» auftritt, hat sie nur ein Beratungsmandat des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Dort blockt man ab. Die Einschätzungen der Gruppe fliesse in die Analysen ein, so ein Sprecher. «Über ihre Kommunikation möchten wir uns nicht äussern.»

Taskforce soll Besserung gelobt haben

Auch in Bersets Stab will man von öffentlicher Kritik nichts wissen. «Die Science-Taskforce leistet eine wichtige Beratungs- und Grundlagenarbeit», sagt Sprecher Peter Lauener. Doch die Bundesrats-Kritik sei bei der Taskforce angekommen, wie er zugibt: «Wie sie selber festgestellt hat, ist ihr die Kommunikation in den letzten Tagen weniger gut geglückt und sie nehmen hierzu Verbesserungen an die Hand.»




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