Im Anschluss an die Bilanzpressekonferenz empfing Post-Chef Roberto Cirillo (51) Blick am Hauptsitz des gelben Riesen zum Interview.
Blick: Herr Cirillo, sind Sie wirklich zufrieden mit dem Jahresergebnis?
Roberto Cirillo: Ja, unter den gegebenen Umständen haben wir einerseits ein Ergebnis von fast 300 Millionen erwirtschaftet, und andererseits freue ich mich, dass wir jetzt viel mehr liquide Mittel zur Verfügung haben. Das stärkt die Post für die Herausforderungen der Zukunft.
Aber als früherer McKinsey-Berater können Sie mit einem um 157 Millionen schlechteren Ergebnis nicht wirklich glücklich sein.
Doch, weil das Umfeld eben entscheidend ist. Erstens ist der Übergang von den Negativzinsen zu den positiven Zinsen für die Postfinance kurzfristig eine Herausforderung gewesen. Für die kommenden Jahre ist der Wechsel aber super für uns. Zweitens verursachte die Teuerung etwa 40 Millionen höhere Kosten innert weniger Monate. Und drittens brach das Paketvolumen Mitte Jahr ein.
War Letzteres nach dem Corona-Boom nicht zu erwarten?
Wir haben mit einer Verschnaufpause im ersten Quartal 2022 gerechnet, aber nicht mit diesem Einbruch im Sommer. Vor allem aber ging es seither bis heute wechselhaft weiter. Das macht die Planung für uns und unsere Grosskunden schwierig.
Kennen Sie den Grund für den Einbruch?
Die schlechte Konsumentenstimmung führen wir auf den Krieg in der Ukraine zurück. Mitte Jahr zeigte sich, dass er zu einer Energieknappheit führen könnte und dass die Teuerung Fahrt aufnimmt. Da sind die Konsumenten vorsichtiger geworden.
Um das zu kompensieren, wollen Sie nun das Porto erhöhen. Um wie viel?
Wir haben beim Preisüberwacher sowohl für die Briefe als auch für die Päckli Porto-Preiserhöhungen beantragt. Diese könnten frühestens 2024 in Kraft treten. Wir stehen in Verhandlungen. Diesen greife ich nicht vor. In welchem Umfang es teurer wird, müssen wir sehen. Doch wir sind bei uns intern auch nicht untätig.
Was heisst das?
Wir werden bis Ende Jahr 100 Millionen Franken einsparen müssen: mit Effizienzsteigerung im Brief-, Paket- und Gütertransport, beim Einkauf von Waren und Dienstleistungen bei Dritten, indem wir unsere administrativen Prozesse optimieren und Komplexität aus dem System Post rausnehmen. Und natürlich müssen wir die Personalstruktur anschauen. Doch all das reicht nicht. Wir brauchen auch Mehreinnahmen beim Porto.
Der 51-jährige Post-CEO Roberto Cirillo ist im Tessin aufgewachsen. Er spricht fliessend Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Englisch. Der gelernte Maschinenbau-Ingenieur hat bei McKinsey gearbeitet, was Einsätze rund um die Welt zur Folge hatte. Bevor er im April 2019 zur Post stiess, war er für ein Unternehmen in London tätig.
Der 51-jährige Post-CEO Roberto Cirillo ist im Tessin aufgewachsen. Er spricht fliessend Deutsch, Französisch, Italienisch, Spanisch und Englisch. Der gelernte Maschinenbau-Ingenieur hat bei McKinsey gearbeitet, was Einsätze rund um die Welt zur Folge hatte. Bevor er im April 2019 zur Post stiess, war er für ein Unternehmen in London tätig.
Halt! Sie wollen Personal einsparen?
Als verantwortungsvoller Arbeitgeber überprüft die Post den Personalbestand laufend. Das müssen wir auch jetzt tun. Mehr kann ich dazu noch nicht sagen.
Dann halt doch bei den Päckli und Briefen. Wie viel sollen wir neu dafür zahlen?
Heute bezahlt eine Familie im Schnitt für postalische Dienstleistungen weniger als fünf Franken im Monat. Diese Zahl wird sicher nicht stark steigen. Den überwiegenden Teil der Mehrkosten tragen die Geschäftskunden. Aber wir brauchen eine Erhöhung, damit wir unseren Grundversorgungsauftrag erfüllen können. Aber eben, hier müssen wir uns mit dem Preisüberwacher einigen.
Und was geschieht, wenn Sie die Porto-Erhöhung nicht durchbringen?
Dann ist unser Grundversorgungsauftrag in Gefahr! Dann droht ein Dienstleistungsabbau. Dann drohen französische Verhältnisse! Dort kennt die Post günstige Lieferungen in der Stadt und teure auf dem Land, weil der Aufwand deutlich grösser ist. Das wollen und müssen wir verhindern! Zur Grundversorgung in der Schweiz gehört, dass in der ganzen Schweiz die Dienstleistungen der Post zu gleichen Preisen erhältlich sind. Das soll so bleiben: Wir wollen die Päckli weiter überallhin zum selben Preis liefern.
Man könnte auch sagen, es brauche dann Subventionen.
Nein, erstens wollen wir keine Subventionen. Und zweitens gibt es dafür keine Gesetzesgrundlage. Es ist absolut zentral für uns, die Grundversorgung nicht einmal im Ansatz anzutasten. Aber hey, warum reden wir überhaupt von Abbau?
Warum die Frage?
Weil der Bundesrat eben einen wegweisenden Entscheid gefällt hat: Er gab grünes Licht fürs E-Voting. In Zukunft werden wir und vor allem unsere Kinder mit dem Handy abstimmen und wählen! Auch dank der Post, die die Technik dazu liefert und neu nicht nur für die briefliche Abstimmung zuständig ist, sondern auch für die elektronische. Das macht einen echten Unterschied für unsere Demokratie. So bringen wir die heutige Jugend morgen an die E-Urne! Das freut mich echt.
Dennoch, lassen Sie mich einen Negativpunkt ansprechen: Das dilettantisch geführte Fedpol-Verfahren zum Postauto-Bschiss kommt nicht vom Fleck. Drohen Verjährungen?
Ja, natürlich drohen Verjährungen. Und das ärgert mich. Wir würden hier gerne endlich einen Schlusspunkt setzen. So können wir auch unsere Pendenzen bei den zivilrechtlichen Fällen nicht abschliessen.
Also bei den womöglich fehlbaren Managern, bei denen Sie die Boni zurückgehalten haben, oder?
Genau, wir wollen auch Klarheit, was Schadenersatz angeht. Dafür brauchen wir die Orientierung aus dem Verfahren des Fedpol. Es ist wirklich sehr bedauerlich, dass hier keine befriedigende Lösung in Sicht ist. Leider.