Politik ist manchmal blosse Mathematik. Dann etwa, wenn es darum geht, mit Listenverbindungen das Wählerpotenzial zu optimieren – und möglichst von Stimmen für eine verbündete Partei zu profitieren. Das gilt auch für die Nationalratswahlen am 20. Oktober.
Besonders bunt treiben es dabei die Grünliberalen. Wenn es um mögliche Sitzgewinne geht, kennt die Mittepartei kaum Berührungsängste und schliesst mit allen Seiten Allianzen.
Grosse Mitte-Allianz in neun Kantonen
Dabei hat die Parteispitze eigentlich vorgegeben, möglichst flächendeckend mit den anderen Mitteparteien CVP, BDP und EVP zusammenzuspannen – um so das politische Zentrum zu stärken. In neun Kantonen hat es mit der grossen Mitte-Allianz auch geklappt. So etwa in Zürich, Bern, St. Gallen, Freiburg, Solothurn und Baselland. In Basel-Stadt wird das Bündnis gar durch FDP und LDP erweitert.
In anderen Kantonen reicht es aber nur zu einem kleinen Mitte-Bündnis. In Aargau und Neuenburg spannt die GLP nur mit der CVP zusammen, in Genf bloss mit der EVP. Und war die GLP in der Waadt vor vier Jahren noch Teil einer grossen Mitte-Allianz, die so auch der einzigen welschen GLP-Vertreterin Isabelle Chevalley (47) den Sitz sicherte, bleibt sie nun aussen vor – und macht zur Not mit der Piratenpartei gemeinsame Sache.
Im Tessin sitzt die GLP gemeinsam mit CVP und FDP im Boot. Im Wallis wiederum marschiert sie gemeinsam mit der FDP – und könnte dieser damit zu einem zweiten Sitz verhelfen. In Zug hingegen wählen die Grünliberalen diesmal den Alleingang – und dürften damit der FDP den Sitz kosten, der man vor vier Jahren mit einer Listenverbindung noch zum Sieg verholfen hatte.
Links-grüne Klima-Allianz
Doch nicht nur mit Bürgerlichen macht die GLP gemeinsame Sache. In drei Kantonen hat sie sich dem links-grünen Lager zugewendet – um unter dem Label Klima-Allianz zu punkten. Im Thurgau etwa, wo die GLP damit einen Sitz gewinnen könnte. Ebenso – wie schon 2015 – in Graubünden und Luzern.
Für GLP-Chef Jürg Grossen (50) sind diese von der Mitte-Doktrin abweichenden Allianzen kein grundsätzliches Problem. «Der abschliessende Entscheid liegt immer bei den Kantonalparteien», sagt er zu BLICK. Dass die drei Bündnisse das eigene Profil verwässern und die GLP zur Steigbügelhalterin der Linken wird, glaubt Grossen nicht. «Im Gegenteil, wir sind optimistisch, dass wir die Sitze erringen können. Zudem haben wir kein bürgerliches, sondern ein progressives, grünliberales Profil.»
Doch gerade die Bündner Allianz sorgt bei den anderen Mitte-Parteien für Stirnrunzeln. Denn damit könnte die GLP ausgerechnet zur Retterin des SVP-Sitzes von Unternehmerin Magdalena Martullo-Blocher (50) werden. Der zweite SVP-Sitz in Graubünden steht nämlich auf der Kippe. FDP, CVP und BDP haben sich dort zusammengeschlossen, um den Wackelsitz zu erobern. Mit der GLP im Boot hätte das auf jeden Fall geklappt. Jetzt könnte es knapp werden.
Ohne SVP
Was hingegen auffällt: Kein einziges Mal steigen die Grünliberalen mit der SVP ins Lotterbett. Gerade nach dem umstrittenen Wurm-Plakat der Rechtspartei muss sich die GLP damit nicht ungemütlichen Diskussionen stellen – im Gegensatz zur FDP, die in mehreren Kantonen mit der SVP zusammengeht.
«Ich bin froh, dass wir Allianzen mit Parteien haben, die uns näherstehen», meint Grossen. Wenn die SVP das Gefühl habe, dass ihre Wähler auf wurmstichige Äpfel stünden, solle sie so werben. Selber setze man lieber auf positive Botschaften. «Wir wollen Kurs nehmen in eine klimaneutrale, offene und innovative Schweiz.»
Doch der Berner räumt ein, dass auch noch ein weiterer Grund gegen Listenverbindungen mit der SVP spricht: «Die SVP ist für uns rechnerisch uninteressant.»
Sitzgewinne dank Listenverbindungen
Klar ist, gerade eine Kleinpartei wie die GLP ist auf geschickte Allianzen angewiesen. So verdankte sie 2011 die Hälfte ihrer damals zwölf Nationalratssitze Listenverbindungen.
Ein ähnlicher Coup könnte ihr auch diesmal wieder gelingen. Grossen zeigt sich jedenfalls zufrieden mit der aktuellen Ausgangslage und optimistisch, dass seine Partei deutlich zulegen wird. «Das Ziel sind mindestens sieben Prozent Wähleranteil, zehn Sitze im Nationalrat und der Wiedereinzug in den Ständerat», so Grossen.
Chancen auf zusätzliche Nationalratssitze ortet er etwa in den Kantonen Thurgau, St. Gallen, Graubünden, Luzern und Zürich, wo 2015 jeweils Sitze flöten gingen. Neben diese Rückeroberungen hofft er auf neue Sitzgewinne in Basel-Stadt und Genf.
Am 20. Oktober finden die eidgenössischen Parlamentswahlen in der Schweiz statt. Die insgesamt 200 Sitz im Nationalrat werden nach Anzahl Bevölkerung auf die Kantone verteilt und müssen neu gewählt werden. Auch die 46 Sitze des Ständerats werden neu vergeben.
BLICK bietet rund um die Uhr die aktuellsten Informationen zum Wahlkampf, der politischen Themenagenda der Parteien und Kandidaten, der Sitzverteilung im Parlament und den Wahlergebnissen.
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