In der Deutschschweiz kennt man sie als die Frau, die Insekten isst: GLP-Nationalrätin Isabelle Chevalley (47). In der Romandie hingegen ist sie omnipräsente Vielrednerin. Fast zu jedem politischen Thema, das Bundesbern bewegt, hat sie etwas zu sagen: Ob AHV-Reform, Steuerrevision, Europa, Kampfjets oder Klimapolitik – die Waadtländerin ist das Aushängeschild der Grünliberalen in der Westschweiz.
Der Grund dafür ist einfach: Chevalley ist seit 2011 die bisher einzige welsche GLP-Vertreterin im Bundeshaus. «Ich muss deshalb alle Geschäfte kennen, was viel Arbeit bedeutet», sagt sie zu BLICK.
Chevalley hofft auf Gschpänli
Das soll sich im Herbst ändern. Die Kleinpartei tritt in vier Westschweizer Kantonen mit eigenen Listen an. Den Waadtländer Sitz dürfte Chevalley verteidigen. Auf Zuwachs kann die Partei am ehesten im Kanton Genf hoffen, wo der prominente Arzt und FMH-Vizepräsident Michel Matter antritt.
«Ich möchte endlich einen Copain. Das wäre mein Traum!», sagt Chevalley lachend. «Als einzige Romande in der Fraktion ist es nicht immer einfach.» So stellt die Katzenliebhaberin durchaus kulturelle Unterschiede fest – etwa was den Humor betrifft. «Es kommt schon vor, dass ich einen Scherz mache und von den Kollegen nur mit grossen Augen angeschaut werde.»
Einen Tick rechter
Kommt hinzu, dass sie noch einen Tick rechter tickt als die Grünliberalen diesseits des Röstigrabens. «In der Landwirtschaftspolitik stimme ich öfter mit der SVP als mit meiner Partei», sagt Chevalley. Zumindest in ihrem Kanton hat sie auch keine Berührungsängste zur Rechten. «Die Waadtländer SVP ist nicht die Zürcher SVP», stellt sie klar. So spannte sie bei den Staatsratswahlen auch schon mit dem Rechtsblock zusammen.
Mit ihren politischen Steckenpferden passt sie aber in die Fraktion. Die promovierte Chemikerin lebt die Verbindung von Ökologie und Ökonomie selber vor. Als Präsidentin von Suisse Éole engagiert sie sich hierzulande für den Ausbau der Windenergie. Als Vizepräsidentin von Objectif Train de nuit setzt sie sich für ein neues Nachtzug-Konzept in Europa ein.
Doch ihre grosse Leidenschaft ist Afrika: Auf den Komoren und in Burkina Faso hat sie Recyclingprojekte mit aufgebaut. In weiteren Ländern wie Ruanda, Senegal oder Kenia hat sie ebenfalls Pläne. Ein Engagement aus Überzeugung. «Afrika versinkt im Abfall», sagt Chevalley. Und fügt plakativ hinzu: «Bevor man einen Fuss an den Strand setzt, setzt man ihn in den Müll – das will ich ändern.»
Man nennt sie «Madame positive»
Chevalley hat in ihrer Fraktion jedenfalls eine Sonderrolle inne. Das liegt auch daran, dass ihr Deutsch auch nach acht Jahren in Bundesbern noch verbesserungswürdig ist. «Ich gehe halt öfter mit meinen welschen Ratskollegen einen Kaffee trinken als mit den Deutschschweizer Parteikollegen», räumt sie ein. Eine Aussenseiterin ist das politische Energiebündel aber nicht.
Ob «Madame positive», wie sie in der Fraktion genannt wird, künftig mit einem Gschpänli nach Bern pendelt, ist aber alles andere als sicher. Denn die «Vert'libéraux» kommen in der Westschweiz nicht recht vom Fleck. Während die Grünliberalen in der Deutschschweiz von Erfolg zu Erfolg eilen und im Herbst mit einem satten Stimmenzuwachs rechnen dürfen, harzt es in der Romandie seit Jahren.
Noch schlimmer: Gemäss dem jüngsten SRG-Wahlbarometer könnte der bescheidene Wähleranteil im französischsprachigen Landesteil noch weiter sinken – auf magere 2,3 Prozent. Von der grünen Welle profitieren hier die Grünen – und die FDP.
FDP ökologischer, Grüne gemässigter
Dass die GLP ennet der Saane stagniert, hat seine Gründe. Die Freisinnigen als direkte Konkurrenz sind in der Romandie ökologischer, gesellschaftsliberaler und progressiver orientiert als in der Deutschschweiz. Aber auch die Grünen treten gemässigter auf als in der Deutschschweiz.
«Für die Grünliberalen ist es damit schwieriger zu bestehen», so Chevalley. Doch jetzt komme gerade bei den Grünen eine linkere Generation an den Drücker, verweist Chevalley etwa auf die Genferin Lisa Mazzone (31). «Wenn sich die Grünen radikalisieren, wird uns das helfen», ist Chevalley überzeugt. «Dann gibt es mehr Raum in der politischen Mitte.»
Sie betont zudem, dass die Grünliberalen in der Romandie viel später gegründet wurden als in der Deutschschweiz. Nur in vier der sechs welschen Kantone sind sie mit eigenen Kantonalsektionen vertreten. «Geben Sie uns noch etwas Zeit», lacht sie. «Dann sieht auch die Romandie grünliberaler aus.»
Am 20. Oktober finden die eidgenössischen Parlamentswahlen in der Schweiz statt. Die insgesamt 200 Sitz im Nationalrat werden nach Anzahl Bevölkerung auf die Kantone verteilt und müssen neu gewählt werden. Auch die 46 Sitze des Ständerats werden neu vergeben.
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