Nach zwölf Jahren hat er genug: SP-Chef Christian Levrat (49) tritt auf April zurück, wie er am Dienstag im BLICK-Interview ankündigte. Damit beginnt sich nun das Kandidatinnen-Karussell zu drehen.
Kandidatinnen? Ja, denn klar ist: Nachdem jahrelang zwei welsche Männer – mit Levrat als Partei- und Roger Nordmann (46) als Fraktionschef – die Partei geführt haben, kommen die Genossen nicht mehr um eine Deutschschweizer Frau herum.
Frauen in der Pole Position
Im Fokus stehen zudem jüngere Kräfte. Die Partei, so war es in den letzten Wochen immer wieder zu hören, braucht einen Generationenwechsel.
Nachdem sich Wahlkampfleiterin Nadine Masshardt (35, BE) gestern aus dem Rennen genommen hat, rückt eine andere Bernerin in den Vordergrund: Flavia Wasserfallen (40) kennt den Parteiladen bestens, war sie doch von 2012 bis 2018 Co-Generalsekretärin der SP. Seit 2018 sitzt Wasserfallen im Nationalrat. Sie lässt sich aber nicht auf die Äste hinaus.
Männer gibts nur im gemischten Doppel
Papabili sind auch die Zürcher Nationalrätinnen Mattea Meyer (32) und Min Li Marti (45). Beide signalisieren Interesse am «spannenden Amt». Auch Vizepräsidentin Barbara Gysi (55, SG) ist nicht abgeneigt: «Ich werde mir das nun überlegen und sorgfältig klären», sagt sie zu BLICK.
Männer kommen in der aktuellen Situation eigentlich nur bei einer männlich-weiblichen Doppelspitze infrage. Hier würde sich der frühere Juso-Präsident und Nationalrat Cédric Wermuth (33, AG) anbieten. Als seine Lieblingspartnerin fürs mögliche Co-Präsidium gilt Mattea Meyer. Wermuth hielt sich gestern noch bedeckt.
Drei Probleme mit Doppelspitzen
Jon Pult (35) hingegen, der eben erst in den Nationalrat gewählt worden ist, winkt ab. Das bedauern viele: Der beschlagene Rhetoriker wird schon lange als grosses Talent gehandelt. Doch Pult weiss auch, dass eine Doppelspitze Tücken hat.
- Erstens fehlt der Partei dann ein Gesicht als Projektionsfläche und Identifikationsfigur. Man sah das gut bei den Grünen, die von 2012 bis 2016 von zwei Frauen geführt wurden. Die Waadtländerin Adèle Thorens (47) gab nach vier Jahren auf. Regula Rytz (57, BE) machte alleine weiter.
- Zweitens: Man braucht zwei gleich starke Persönlichkeiten, damit nicht die eine die andere aus dem Rampenlicht drängt. Doch zwei Alphatiere Seite an Seite? Das birgt Konfliktpotenzial!
- Drittens ist der Koordinationsaufwand riesig. Im Idealfall müssten sich beide Chefs blind verstehen, um nicht gegeneinander ausgespielt zu werden.
Teile und herrsche
Dennoch liebäugeln viele der Papabili mit dem Motto «Teile und herrsche». Nicht zuletzt, weil Parteichef ein Verschleissjob ist, neben dem Beruf und Familie kaum unter einen Hut zu bringen sind. Levrat kann ein Lied davon singen.
Welches Modell die Genossen wählen, zeigt sich im April. Zunächst wird die SP das Amt ausschreiben und eine Wahlkommission einsetzen. Die Bewerbungsfrist endet am 19. Februar 2020.