Levrat-Nachfolge: Warum Männer keine Chance haben
Mit Doppelspitzen verdoppeln sich die Probleme

Die Zeichen bei der SP stehen auf Doppelspitze. Doch ein Co-Präsidium hat zahlreichen Tücken. «Teile und herrsche» ist nicht ganz so einfach umgesetzt wie gesagt.
Publiziert: 13.11.2019 um 12:06 Uhr
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Christian Levrat tritt per April 2020 als SP-Chef ab.
Foto: Peter Mosimann
Ruedi Studer und Sermîn Faki

Nach zwölf Jahren hat er genug: SP-Chef Chris­tian Levrat (49) tritt auf April zurück, wie er am Dienstag im BLICK-Interview ankündigte. Damit beginnt sich nun das ­Kandidatinnen-Karussell zu drehen.

Kandidatinnen? Ja, denn klar ist: Nachdem jahrelang zwei welsche Männer – mit Levrat als Partei- und Roger Nordmann (46) als Fraktionschef – die Partei geführt haben, kommen die Genossen nicht mehr um eine Deutschschweizer Frau herum.

Frauen in der Pole Position

Im Fokus stehen zudem ­jüngere Kräfte. Die Partei, so war es in den letzten Wochen immer wieder zu hören, braucht einen Generationenwechsel.

Nachdem sich Wahlkampfleiterin Nadine Masshardt (35, BE) gestern aus dem Rennen genommen hat, rückt eine andere Bernerin in den Vordergrund: Flavia Wasserfallen (40) kennt den Parteiladen bestens, war sie doch von 2012 bis 2018 Co-Generalsekretärin der SP. Seit 2018 sitzt Wasserfallen im Nationalrat. Sie lässt sich aber nicht auf die Äste hinaus.

Männer gibts nur im gemischten Doppel

Papabili sind auch die Zürcher Nationalrätinnen Mattea Meyer (32) und Min Li Marti (45). ­Beide signalisieren Interesse am «spannenden Amt». Auch ­Vizepräsidentin Barbara Gysi (55, SG) ist nicht abgeneigt: «Ich werde mir das nun überlegen und sorgfältig klären», sagt sie zu BLICK.

Männer kommen in der aktuellen Situation eigentlich nur bei einer männlich-weiblichen Doppelspitze infrage. Hier würde sich der frühere Juso-Präsident und Nationalrat Cédric ­Wermuth (33, AG) anbieten. Als seine Lieblingspartnerin fürs mögliche Co-Präsidium gilt Mattea Meyer. Wermuth hielt sich gestern noch bedeckt.

Drei Probleme mit Doppelspitzen

Jon Pult (35) hingegen, der eben erst in den Nationalrat ­gewählt worden ist, winkt ab. Das bedauern viele: Der beschlagene Rhetoriker wird schon lange als grosses Talent gehandelt. Doch Pult weiss auch, dass eine Doppelspitze Tücken hat.

  • Erstens fehlt der Partei dann ein Gesicht als Projektionsfläche und Identifikationsfigur. Man sah das gut bei den Grünen, die von 2012 bis 2016 von zwei Frauen geführt wurden. Die Waadt­länderin Adèle Thorens (47) gab nach vier Jahren auf. Regula Rytz (57, BE) machte alleine weiter.
  • Zweitens: Man braucht zwei gleich starke Persönlichkeiten, damit nicht die eine die andere aus dem Rampenlicht drängt. Doch zwei Alphatiere Seite an Seite? Das birgt ­Konfliktpotenzial!
  • Drittens ist der Koordinationsaufwand ­riesig. Im Idealfall müssten sich beide Chefs blind verstehen, um nicht gegeneinander ausgespielt zu werden.

Teile und herrsche

Dennoch liebäugeln viele der Papabili mit dem Motto «Teile und herrsche». Nicht ­zuletzt, weil Parteichef ein ­Verschleissjob ist, neben dem Beruf und ­Familie kaum unter einen Hut zu bringen sind. Levrat kann ein Lied davon ­singen.

Welches Modell die Genossen wählen, zeigt sich im April. Zunächst wird die SP das Amt ausschreiben und eine Wahlkommission einsetzen. Die Bewerbungsfrist endet am 19. Februar 2020.

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