Darum gehts
- Jungparteien spielen wichtige Rolle im Schweizer Politbetrieb
- Juso-Initiative löst hitzige Debatte aus, Junge Mitte setzt eigene Themen
- Junge SVP hat medienwirksames Powercouple an der Spitze
Sie sind radikaler als die etablierten Parteien, dienen als Kaderschmieden für politische Karrieren und mobilisieren die Jungen: Im Politbetrieb nehmen die Jungparteien eine wichtige Rolle ein.
Wer prägt die öffentliche Debatte? Wer treibt die Mutterpartei vor sich her – oder kann mit Referenden und Initiativen in den politischen Prozess eingreifen? Blick fühlt den Jungparteien auf den Puls. Das Ranking.
Juso
Mit der «Initiative für eine Zukunft», die eine Nachlass- und Schenkungssteuer von 50 Prozent auf Beträge über 50 Millionen Franken verlangt, hat die Juso eine hitzige Debatte ausgelöst – und das lange vor dem Abstimmungstermin. Bereits im vergangenen Sommer hob Unternehmer und Ex-SVP-Nationalrat Peter Spuhler (66) öffentlich den Mahnfinger. Seither warnt das bürgerliche Lager vor einem Exodus der Superreichen. Von so viel Aufmerksamkeit träumen selbst etablierte Parteien!
Viel hat die Juso auch ihrer Gegnerschaft zu verdanken: Sie haben die Initiative früh aufs Parkett gebracht. Juso-Präsidentin Mirjam Hostetmann (25) hat allerdings scharf zurückgeschossen und den Lärmpegel damit hochgehalten.
So ist Hostetmann im Schweizer Politikbetrieb zu einer bekannten Figur geworden. Sie hätte das Zeug zu einer steilen Politkarriere, aber inwiefern sie diese fortführen kann, hängt wohl auch von ihrem Wohnort ab. In Obwalden, ihrem konservativen Heimatkanton, sind die Chancen für ein nationales Amt verschwindend klein.
Die Junge Mitte
Die Junge Mitte – vormals Junge CVP – war lange eher unauffällig. Doch unter Präsident Marc Rüdisüli (27) zeigt sie Profil. Besonders bei der Themensetzung hebt sie sich von anderen Jungparteien ab. Während die meisten ähnliche Themen wie die Mutterpartei bewirtschaften, setzt die Junge Mitte auf eigene, generationenspezifische Anliegen.
Jüngst forderte Rüdisüli in einem Interview etwa ein Handyverbot an Schulen. Und im Bereich Gesundheit engagiert sich die Partei stark fürs Thema Mental Health. Hier war die Zürcher Sektion politisch erfolgreich: Der Kantonsrat nahm die Initiative «Gesunde Jugend Jetzt!» an und sprach über zehn Millionen Franken für deren Umsetzung.
Rüdisüli stand vier Jahre an der Spitze der Partei. Strategisch hat er die Jungpartei geprägt. Im Juni kündigte er seinen Rücktritt an – wie es weitergeht, bleibt offen.
Junge SVP
Die Junge SVP (JSVP) kann laut poltern und bewegt sich damit gern an der Grenze des Justiziablen. Mit dem national bekannten Präsidenten Nils Fiechter (28) hat das noch zugenommen. Er trimmt die Partei auf einen harten Rechtskurs. An seiner Seite steht Strategiechefin Sarah Regez (31) – und das nicht nur politisch: Kürzlich gab sich das Duo das Ja-Wort.
Die JSVP hat damit ein medienwirksames Powercouple an der Spitze. Im Frühling 2024 sorgte Regez etwa für Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass sie an einem Treffen mit dem Rechtsextremisten Martin Sellner (36) teilgenommen hatte.
Was auffällt: Es sind solche Episoden, die das öffentliche Bild der Jungpartei dominieren. Nur hin und wieder gelingt der Partei ein inhaltlicher Treffer. So etwa das Referendum gegen die E-ID, das kürzlich zustande kam – mit der JSVP als treibender Kraft.
Junge Grüne
Mag sich da noch jemand dran erinnern? Erst Anfang dieses Jahres hat die Schweiz über eine Umweltverantwortungs-Initiative der Jungen Grünen abgestimmt. Damit hat die Jungpartei zwar Initiativfähigkeit bewiesen, sonst aber wenig politisches Geschick.
Mit dem Anliegen, innerhalb der «planetaren Grenzen» zu wirtschaften, haben die Jungen Grünen kaum eine Debatte ausgelöst. Nicht einmal die Mutterpartei hat sich mit viel Verve dafür eingesetzt. Die Juso beweist, wie es auch anders gehen könnte: Ihre Initiative zielt ebenfalls auf mehr Klimaschutz ab – das Anliegen ist aber klarer formuliert, zielt auf eine spezifische Gruppe ab und trifft den Nerv der Zeit.
Parteipräsidentin Magdalena Erni (22) konnte allerdings mit einigen beeindruckenden Auftritten in der SRF-«Arena» auf sich aufmerksam machen. Sie spricht ein superschnelles Berndeutsch, argumentiert pointiert und hat auch keine Scheu, Bundesräten zu widersprechen. Von ihr könnte politisch noch einiges zu erwarten sein.
Jungfreisinnige
Die Jungfreisinnigen verstanden sich einst als liberales Gewissen ihrer Mutterpartei. Unter den schillernden Präsidenten Andri Silberschmidt (31) und Matthias Müller (33) haben die Jungen ihrer Mutterpartei auch ordentlich Beine gemacht.
Seit einiger Zeit wurde es allerdings etwas still um den Jungfreisinn. Mit der Renten-Initiative, die das Rentenalter schrittweise auf 66 Jahre anheben wollte, scheiterten sie im März 2024 deutlich. Es scheint, als hätten sie sich davon noch nicht wirklich erholt. Letzten Winter lancierten die Jungfreisinnigen zwar ein Bildungspapier – damit hinken sie der Mutterpartei hinterher, die das Thema schon vergangenen Sommer für sich beanspruchte.
Zudem fehlt es an sichtbarem Führungspersonal: Im Gegensatz zu seinen Vorgängern ist Präsident Jonas Lüthy (22) der breiten Bevölkerung noch wenig bekannt.
Junge GLP
Von ihnen hört und sieht man nicht mehr so viel. Die Jungen Grünliberalen (JGLP) können sich in der Öffentlichkeit selten profilieren. Auch ihre Präsidentin Maya Tharian (27) ist keine bekannte Figur. Wobei die Jungpartei in der aktuellen EU-Debatte eigentlich hervorstechen könnte: Schliesslich kommt für sie sogar ein EU-Beitritt infrage.
In einem der nächsten Abstimmungskämpfe hat sie allerdings eine grosse Chance, stärker ins Rampenlicht zu rücken: Am 30. November entscheidet die Schweiz über die Service-Citoyen-Initiative. Die JGLP ist Mitglied des Initiativkomitees und setzt sich stark für das Volksbegehren ein. Es verlangt, dass alle jungen Erwachsenen einen Gemeinschaftsdienst leisten.