Darum gehts
- Bergdörfer kämpfen um Anschluss, nach Post-Abbau droht noch mehr
- Gemeindepräsidentin sorgt sich um Postversorgung und Internet
- Unwetterschäden in Flühli LU kosteten fast eine Million Franken
Wer in Flühli LU auf dem Bauamt arbeitet, nimmt nicht nur Baugesuche entgegen, sondern auch Päckli. Er wiegt, frankiert und bereitet sie zum Versand vor: Die Gemeindeverwaltung ist auch der Postschalter. 2017 wurde die Filiale im Dorf eingestellt. Jetzt droht der nächste Nackenschlag. Der Bundesrat um Albert Rösti (57) will die Post entlasten. Unter anderem soll der Pöstler nicht mehr jedes Haus anfahren müssen.
Aktuell läuft die Vernehmlassung zu den Plänen von Bundesrat Albert Rösti (57, SVP). Dabei gibt es Kritik, unter anderem aus den Bergkantonen. So kommen kritische Stimmen aus Graubünden, Uri und dem Wallis. «Ein Leistungsabbau darf nicht zu einer Zweiklassengesellschaft führen», schreiben die Bündner.
Auch im Parlament regt sich Widerstand: In einem Vorstoss verlangt die zuständige Kommission, dass die «flächendeckende Hauszustellung von Postsendungen weiterhin für alle ganzjährig bewohnten Häuser in der Schweiz» gewährleistet bleibt.
Aktuell läuft die Vernehmlassung zu den Plänen von Bundesrat Albert Rösti (57, SVP). Dabei gibt es Kritik, unter anderem aus den Bergkantonen. So kommen kritische Stimmen aus Graubünden, Uri und dem Wallis. «Ein Leistungsabbau darf nicht zu einer Zweiklassengesellschaft führen», schreiben die Bündner.
Auch im Parlament regt sich Widerstand: In einem Vorstoss verlangt die zuständige Kommission, dass die «flächendeckende Hauszustellung von Postsendungen weiterhin für alle ganzjährig bewohnten Häuser in der Schweiz» gewährleistet bleibt.
Flühli steht für viele Bergdörfer: Die Post ist weg, das Internet lahmt, Unwetter-Bedrohungen nehmen zu. Wie viel Geld dürfen die Bergdörfer kosten? Allein die Post könnte dank Röstis Plänen 45 Millionen Franken sparen.
«Man kann nicht nur abbauen»
Noch weiss niemand, welche Dörfer genau betroffen sind. Doch Hella Schnider, Gemeindepräsidentin von Flühli, sorgt sich. Das Dorf ist gross, viele Bauernhäuser stehen einsam in der Landschaft. «Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch Teile von Flühli betroffen sind», sagt sie. «Gerade für die älteren Menschen ist die Post wichtig. Es besteht die Gefahr, dass wir abgehängt werden.»
Doch auch für junge Leute könnte die Post entscheidend sein. «Wie soll man jemandem erklären, dass er sein Zalando-Päckli selbst abholen muss, weil es nicht mehr geliefert wird?», fragt Schnider. «Die Bundesverfassung verpflichtet den Bund, die dezentrale Besiedlung zu fördern. Doch stattdessen legt er Steine in den Weg. Man kann nicht nur abbauen.»
Rösti verwies an der Medienkonferenz auf den «digitalen Brief», der künftig zur Grundversorgung gehören soll. Schnider begrüsst die Idee, bleibt aber skeptisch: «Je nach Liegenschaft ist das Internet eine Katastrophe. Bis ein Mail geladen ist, kann ich zwei bis drei Kaffee trinken.»
Bei Gewitter und Sturm ist arbeiten auf der Alp unmöglich
Schnider ist nicht nur Gemeindepräsidentin und Kantonsrätin, sondern auch Bäuerin. Im Sommer arbeitet sie auf der Alp. Internet gibt es dort nur über einen Handy-Hotspot. «Aber bei Gewitter und Sturm ist Arbeiten unmöglich.»
Für die Gemeinde sei schnelles Internet ein entscheidender Standortfaktor. «Nicht nur die Bevölkerung, auch die Unternehmen verlangen stabile Verbindungen», sagt Schnider. «Während der Pandemie war es schlimm. Viele Familien konnten im Homeoffice nicht richtig arbeiten und mussten sich aufteilen – obwohl man das nicht sollte.»
Der Bundesrat plant ein Glasfaser-Förderprogramm. Über 700 Millionen Franken, je zur Hälfte von Bund und Kanton, sollen ausgegeben werden. Schnider zweifelt: «Der Ansatz ist richtig, doch es gibt viele Fragezeichen.» So sei unklar, ob mit der angespannten Finanzlage überhaupt genug Geld vorhanden ist. Und auch die Kantone müssen zustimmen. «Selbst wenn alles klappt: 700 Millionen reichen nicht für die ganze Schweiz. Das ist nur ein Tropfen auf den heissen Stein.» Bis erste Gelder fliessen, dürften Jahre vergehen. «Diese Zeit haben wir nicht.»
In Flühli hat man selbst gehandelt. Wer ausserhalb der Bauzone wohnt, bekommt für 1900 Franken pro Gebäude einen Glasfaseranschluss gelegt. Die Gemeinde bezahlt einen Teil an die Erschliessung, die gerade in ländlichen Gegenden oftmals kompliziert ist. Rund 690'000 Franken hat Flühli dafür bereitgestellt – mit der Hoffnung, in einigen Jahren zumindest einen Teil wieder zurückzubekommen.
Viele Unwetter – das kostet
Doch nicht nur das Internet geht ins Geld. Im August 2024 ist Schnider auf der Alp, als das Unwetter seinen Lauf nimmt. Zum zweiten Mal seit 2022 bringt es Zerstörung. Die Gemeinde muss unter anderem Strassen, Wanderwege und einen Teil der Abwasserentsorgung reparieren.
Fast eine Million Franken kostete die Behebung der Unwetterschäden in den beiden Jahren. Nicht alles muss die Gemeinde bezahlen, auch der Kanton hilft. «Es war immer klar, dass wir das erneut aufbauen. Das Dorf aufzugeben, kommt nicht infrage.»
Immer wieder hört man, dass man ja nicht in die Berge ziehen müsste. Doch für Schnider ist klar: «Auch Städter kommen gern zu uns, um sich zu erholen. Ohne uns Bergler werden die Landschaften und die Wanderwege nicht mehr gepflegt oder man kann nicht mehr einkehren.»