Risiko für Bevölkerung von Mitholz BE nicht tragbar
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Nicht akzeptables Risiko:Risiko für Bevölkerung von Mitholz BE nicht tragbar

Explosionsgefahr in Mitholz BE
Gefahren bestätigt statt beseitigt

Neue Experten bekräftigen, was längst bekannt ist: Die rund 3500 Tonnen Munition, die beim ehemaligen Munitionslager Mitholz schlummern, sind gefährlich. Die Räumung lässt aber weiter auf sich warten.
Publiziert: 15.04.2019 um 18:58 Uhr
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Aktualisiert: 15.04.2019 um 22:10 Uhr
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Im Geröll unter der kahlen Felswand lagern mehrere hundert Tonnen Sprengstoff, die noch immer gefährlich sind.
Foto: Keystone
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

Es geht wenig in Mitholz BE. Neue Experten haben die altbekannten Gefahren heute vor der Bevölkerung bestätigt. Laut diesen Fachleuten könnte die Explosion der restlichen 3500 Tonnen Munition beim vor über 70 Jahren explodierten Munitionslager noch verheerender sein als bislang befürchtet. Und doch haben die Anwohner nicht viel mehr Unterstützung erhalten als Flugblätter für den Ernstfall.

«Es müssen endlich konkrete Pläne auf den Tisch», fordert der Frutiger Jürg Grossen (49). Der GLP-Präsident und Nationalrat, dessen Schwiegereltern im Gefahrengebiet ein Haus besitzen, verlangt vom Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), «mit mehr Drive an die Sache» ranzugehen.

Weil es in Mitholz nur wenig Leute hat, passiere nichts

«Bestünde die Gefahr in einem Gebiet, das dichter besiedelt ist als das Kandertal, würde man bestimmt schneller vorwärts machen als in Mitholz», ist Grossen überzeugt.

«Aber auch im Kanton und beim Bundesamt für Strassen, kurz Astra, muss endlich was gehen», fordert der Nationalrat. «Wenn für eine lange dauernde Räumung der 3500 Tonnen Munition die ferngesteuerten Bagger und Roboter auffahren, dann müsste auch eine Umfahrungsstrasse stehen», sagt der Grünliberale. «Sollte das Gebiet also während der Sanierung grossräumig umfahren und die heutige Strasse durchs Kandertal zwischenzeitlich geschlossen werden müssen, darf es nicht zu monate-, ja jahrelanger und gefährlicher Verzögerung kommen», nur weil Kanton und Astra nicht frühzeitig projektiert hätten, so Grossen.

Treten an hochexplosivem Ort

Für die Bevölkerung bleibt die Lage in Mitholz äusserst unangenehm. Die wiederholten Informationsveranstaltungen zum einstigen Munitionslager haben den Anwohnern zwar klar gemacht, dass die Explosionsgefahr erheblich ist und der Bund die Lage seriös analysiert. Aber einer Lösung, also einer tatsächlichen Behebung der Gefahr, scheinen sich die Fachleute nicht zu nähern.

Heute wurde lediglich bekannt gegeben, dass das Bundesamtes für Umwelt (Bafu) zum Schluss kommt, dass vom 1947 explodierten Munitionslager im Berner Oberland tatsächlich ein derart grosses Risiko ausgeht, wie bekannt war. Und auch für das vom Bund beauftragte deutsche Fraunhofer-Institut ist es «plausibel», dass eine «kleinere Explosion», die einer Tonne Sprengstoff TNT enspricht, alle 300 Jahre wahrscheinlich ist. Eine grösseren Explosion, die eine Sprengkraft von 10 Tonnen TNT hätte, dürfte demnach nur alle 3000 Jahre auftreten.

Neu ist, dass die Fraunhofer-Experten noch anmerken, dass gar eine Explosion mit einer Sprengkraft von 20 Tonnen TNT nicht ganz ausgeschlossen sei. Das alles klingt sehr abstrakt. Wichtig für die Bevölkerung ist: Niemand kann ausschliessen, dass es schon kommende Woche zu einer Explosion kommt.

Explosionen forderten vor Weihnachten neun Tote

Ob eine, zehn oder 20 Tonnen: Die Bilder der Nacht auf den 20. Dezember 1947, als drei grosse Explosionen etwa die Hälfte der in Mitholz eingelagerten 7000 Tonnen Munition hochgehen liessen, sprechen eine deutliche Sprache: Die Gefahr ist gross. Neun Menschen starben, als herumfliegende Felsbrocken Häuser trafen, sieben Menschen wurden verletzt und 200 verloren ihr Haus. Die Explosionen vor 71 Jahren waren die grössten künstlichen Explosionen, die nicht durch Kernwaffen ausgelöst wurden.

Die Bevölkerung hatte sich erhofft, dass unter der neuen VBS-Chefin Viola Amherd (56, CVP) etwas geht in Sachen Mitholz. Dieser Hoffnung weicht immer mehr die Ernüchterung.

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