Ewiger Protest gegen Uno-Sanktionen
Seit 15 Jahren bleibt dieser Vorstoss im Bundeshaus liegen

Der ehemalige FDP-Ständerat Dick Marty ist seit 14 Jahren nicht mehr im Amt, vor knapp 2 Jahren ist er verstorben. Doch noch immer ist im Parlament ein Vorstoss von ihm hängig. Die Schweiz scheut sich davor, ihn abzuschreiben.
Publiziert: 09:51 Uhr
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Aktualisiert: 10:42 Uhr
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Die Terrorliste der Uno ist nach wie vor umstritten. Denn wer auf der schwarzen Liste landet, kann sich nur beschränkt dagegen wehren.
Foto: KEY Blick

Darum gehts

  • Das Schweizer Parlament beschäftigt sich weiterhin mit Martys Vorstoss gegen die Uno-Terrorliste
  • Das Uno-Sanktionsregime wird als rechtsstaatlich bedenklich kritisiert
  • Über 15 Jahre sind seit Annahme des Vorstosses im Parlament vergangen
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Ein Perpetuum mobile ist nach den Gesetzen der Physik unmöglich: eine Maschine, die pausenlos in Bewegung ist, ohne dass Energie nachgeliefert werden muss. Der Vorstoss von Dick Marty (†78) kommt dem aber schon ziemlich nahe. Der ehemalige Tessiner FDP-Ständerat ist mittlerweile vor fast zwei Jahren verstorben. Sein Vorstoss aber beschäftigt das Parlament noch immer – und wird es wohl auch weiterhin tun.

Die Motion stammt von 2009. Die Zustimmung im Parlament war deutlich: Die Schweiz soll sich gegen die Uno und ihre umstrittene Terrorliste auflehnen. Wer darauf landet, wird von den Uno-Mitgliedsstaaten mit Einreisesperren belegt und dessen Konten werden eingefroren.

Uno-Sanktionsregime ist rechtsstaatlich bedenklich

Die Schweiz soll da aber nicht in jedem Fall mitmachen – aus Protest, weil das Sanktionsregime rechtsstaatlich höchst bedenklich sei. So entscheidet allein der Uno-Sicherheitsrat, wer auf der Liste landet, also ein politisches Organ. Dass Betroffene sich juristisch wehren können, ist nicht vorgesehen.

Über 15 Jahre sind vergangen, seit das Parlament Martys brisanten Vorstoss angenommen hat. Und er ist weiterhin hängig. Das ist sogar für den behäbigen Schweizer Politbetrieb aussergewöhnlich. Kommt hinzu, dass Martys Forderungen eigentlich längst überholt sind. Dennoch kann sich das Parlament nicht dazu durchringen, das Geschäft ad acta zu legen.

Der Grund: Würde die Forderung schubladisiert, könnte das ein falsches Signal aussenden – dass mittlerweile alles wieder in Ordnung sei. Immerhin hat das deutliche Ja zum Protestvorstoss weltweit für Aufsehen gesorgt. Ausgerechnet die Schweiz droht, die Uno-Charta zu brechen. Es sollte die Uno unter Druck setzen, das Sanktionsregime zu überarbeiten.

Hier können Betroffene klagen

Und tatsächlich hat sich einiges getan – auch wenn der Bundesrat dem Auftrag des Parlaments, Uno-Sanktionen aus Protest zu boykottieren, nie nachgekommen ist.

So gibt es mittlerweile eine Ombudsstelle, bei der sich melden kann, wer aus seiner Sicht zu Unrecht auf der Terrorliste gelandet ist. Allerdings kann der Ombudsmann dem Uno-Sicherheitsrat nur Empfehlungen machen. Auch hat das Bundesgericht seine Praxis geändert: Betroffene können in der Schweiz gegen einen Eintrag auf der Terrorliste klagen.

Das aber reichte dem Parlament bisher nicht. Es setzt sich dafür ein, dass der Rechtsschutz bei Uno-Sanktionen gestärkt wird.

Martys Vorstoss ist nun erneut im Ständerat traktandiert. Und einmal mehr wird beantragt, die Frist für die Umsetzung um ein weiteres Jahr zu verlängern. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass der Vorstoss stehengelassen wird. Ein politisches Perpetuum mobile.

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