Darum gehts
- SVP-Nationalrat Benjamin Fischer erhält Drohung, erstattet Anzeige gegen Zürcher
- Fischer setzt sich für freie Meinungsäusserung ein, zieht aber Grenze bei Familiendrohungen
- 689 Drohungsmeldungen gegen Bundesräte und Parlamentarier im vergangenen Jahr eingegangen
Im vergangenen Oktober, an einem Samstag um ein Uhr morgens, erreichte eine schockierende Nachricht SVP-Nationalrat Benjamin Fischer (33). Versendet wurde sie über das Kontaktformular seiner Homepage. Ein 64-jähiger Zürcher beleidigte ihn darin nicht nur aufs Übelste – er drohte auch, Fischer und seine Familie mit einer Dampfwalze zu überfahren und die Überreste als Dünger für die Felder in Mönchaltorf ZH zu verwenden.
Benjamin Fischer hat normalerweise eine hohe Toleranzgrenze für Beleidigungen und Hassnachrichten. «Ich setzte mich für maximale freie Meinungsäusserung ein», sagt Fischer. «Hier war die Grenze für mich allerdings überschritten, weil explizit meine Familie erwähnt wird.» Solche Menschen müssten auch erkennen, dass es Grenzen gebe, sagt der SVPler.
Er entschied sich darum, Anzeige gegen den Zürcher zu erstatten. Nun wurde dieser von der Bundesanwaltschaft wegen Drohung und Beschimpfung verurteilt. Er wird mit einer saftigen Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu 90 Franken gebüsst – insgesamt sind das 1800 Franken. Blick konnte in den rechtskräftigen Strafbefehl Einsicht nehmen.
Drohungen nehmen zu
Unter Politikern und Politikerinnen sind Beschimpfungen, Beleidigungen und Bedrohungen keine Seltenheit. Vergangenes Jahr gingen 689 Drohungsmeldungen gegen Bundesräte und Parlamentarierinnen ein. Das zeigen Zahlen des Bundesamts für Polizei (Fedpol). Das waren fast 100 Meldungen mehr als im Vorjahr. Während Corona war die Zahl der jährlichen Meldungen zeitweise sogar auf 1215 Stück gestiegen.
«In meinem Büro habe ich einen Stapel von irren Briefen», sagt auch Fischer. Manchmal schreibe er sogar anständig zurück. Ein weiterer Grund, warum er in diesem Fall stattdessen Anzeige erstattet habe, sei ein Aufruf des Fedpol gewesen. «Das Fedpol hat uns mitgeteilt, dass es wichtig sei, solche Vorfälle zu melden – aus präventiven Gründen.»
Der Kanton Zürich hat vor einigen Monaten bei «seinen» Politikern nachgefragt: Rund ein Drittel war schon mit Hatespeech konfrontiert. «Eine von vier der betroffenen Personen berichtete sogar, eine Androhung von Gewalt, inklusive Drohung gegenüber Nahestehenden, erlebt zu haben», heisst es in einer Medienmitteilung.
In Fischers Fall bemühte sich der Droher nicht einmal, seine Identität zu verschleiern. Er schickte die Nachricht zwar mit einer falschen E-Mail-Adresse an Fischer. Mittels IP-Adresse konnte er aber ganz einfach aufgefunden werden.
Zahlen für die Anzeige
Nicht nur gegenüber Amtsträgern scheint der Ton härter zu werden. In der ganzen Schweiz wurden vergangenes Jahr über 12'000 Anzeigen wegen Beschimpfung erstattet und fast 11'000 wegen Drohungen.
In einigen Fällen geschieht das allerdings hauptsächlich aus persönlicher Vergeltung – etwa, wenn bei einem Streit unter Nachbaren ein genervtes «Tubel!» fällt. Die Justizbehörden werden dementsprechend mit Bagatellfällen überhäuft. Seit Anfang 2024 können Staatsanwaltschaften deshalb einen Vorschuss verlangen, wenn jemand Anzeige wegen Beleidigung einreicht.