Darum gehts
- Kanton Zug zahlte Lotteriegeld für Jubiläumsfeier einer politisch gefärbten Organisation
- Lotteriefonds werden oft intransparent vergeben und für fragwürdige Zwecke genutzt
- Immer wieder geben fragwürdige Vergaben zu reden
Zoff um Lotteriegeld in Zug: Der Kanton machte 5000 Franken für die Jubiläumsfeier einer politisch gefärbten Organisation locker – verbucht als «gemeinnützig», wie Blick publik machte. Zuständig für die Vergabe an die «Aktion für vernünftige Energiepolitik Schweiz» (Aves): SVP-Regierungsrat Heinz Tännler (65). Die Grünen finden es «erschreckend, dass die Atomlobby diese Gelder kassiert». Zumal andere Lotteriefonds-Gesuche für Jubiläumsanlässe von Parteien oder für überparteiliche Podien abgewiesen worden sind.
Die Lottogelder stammen aus dem Glücksspielgewinn von Swisslos – laut Bundesverfassung dürfen sie nur für gemeinnützige Zwecke eingesetzt werden. Politisch oder ideologisch geprägte Projekte sind ausgeschlossen. Doch was genau als gemeinnützig gilt, lässt viel Spielraum.
Kassen sind prall gefüllt
Was haben Festivals, die Renaturierung eines Weihers und Gastauftritte am Sechseläuten in Zürich gemeinsam? Auf den ersten Blick: wenig. Aber sie erhielten alle Gelder aus einem Lotteriefonds.
Finanziert wurden damit auch schon Wahlfeiern, Werke lokaler Künstlerinnen, Amateur-Schwingfeste – und zahllose Auftritte von Sportvereinen und Musikgesellschaften. Ein bunter Mix, verbunden durch das Label «gemeinnützig».
Die Lotteriefonds sind üppig gefüllt. Vergeben werden die Mittel häufig direkt von den Kantonsregierungen. Ohne die Lotteriefonds würden viele Projekte in Kultur und Sport kaum existieren. Allein 2024 flossen über 660 Millionen Franken an die Kantone, die Fondsreserven summierten sich auf mehr als eine Milliarde.
Doch manche Kantone scheinen die Lotteriefonds eher als Honigtöpfe zu betrachten. Bereits vor 15 Jahren enthüllte eine vom Bund beauftragte Studie, wie intransparent die Vergabe manchmal abläuft. Im Klartext: Häufig sei «nicht nachvollziehbar, wieso eine Institution etwas bekommt und eine andere nicht».
Heikle Konflikte, scharfe Kritik
Als «eine Art legale schwarze Kassen» bezeichnete der Staatsrechtler Etienne Grisel die Lotteriefonds einst – der Begriff prägt die Debatte noch immer. In einer juristischen Analyse warnte Grisel vor Interessenkonflikten – weil Kantonsregierungen oft über eigene Anliegen mitentscheiden.
Die Denkfabrik Avenir Suisse kritisiert seit Jahren, dass Kantone Lottogelder zweckentfremden würden. Besonders heikel sei es, wenn sie damit eigene Vorhaben finanzieren oder Löcher im Budget stopfen. Allein in den drei vergangenen Jahren gaben mehrere Fälle zu reden:
- So unterstützten einige Kantone etwa den Bau der Schweizergarde-Kaserne in Rom mit Lotteriegeldern – mancherorts wurde dies gestoppt.
- In Solothurn finanzierte die Regierung mit dem Fonds die frühe Sprachförderung – obwohl es sich um eine künftige Staatsaufgabe handelt, wie die «Solothurner Zeitung» schrieb.
- Im Thurgau flossen laut «SonntagsZeitung» Lotteriegelder in die Restaurierung einer denkmalgeschützten Villa der PCS-Holding von Unternehmer Peter Spuhler (66), in Nidwalden in ähnliche Arbeiten an Gebäuden der Bürgenstock-Hotels.
- In weiteren Kantonen griffen die Behörden bei vermeintlich klassischen Staatsaufgaben auf Lotteriegelder zurück. So überwies der Kanton Thurgau über 125'200 Franken an die Gemeinde Sirnach – zur Renovation des Gemeindehauses.
- Die Hotelfachschule Luzern kassierte Lottomillionen für ein Bauprojekt. Das sorgte für Kritik, weil es sich um eine privatrechtlich geführte Institution handelt.
Nur selten wird eingegriffen
Eingriffe der Aufseher? Die Ausnahme. Wie Blick berichtete, beanstandete die Interkantonale Geldspielaufsicht 2023 nur sieben von über 27'700 bewilligten Gesuchen – in einigen Fällen wurden Auszahlungen rückgängig gemacht.
Nachfragen in den Kantonen zeigten: In Uri wurde beispielsweise ein ausserkantonales Wirtschaftsforum zu Unrecht aus dem Lotteriefonds unterstützt. Und auch Zug war betroffen: Dort flossen über Jahre mehr als 160'000 Franken an eine Kinderkrippe – obwohl diese Beiträge eigentlich vom Kanton hätten übernommen werden müssen. Die Behörden korrigierten den Fehler.