Darum gehts
- Schweiz und USA arbeiten an Absichtserklärung im Zollstreit
- Bundespräsidentin Keller-Sutter traf US-Wirtschaftsminister Bessent in Genf
- Schweizer Wirtschaft plant 150 Milliarden Franken Investitionen in USA
Es ist ein Handschlag, um den viele Staatslenker die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61) beneiden dürfen. Nach dem Zoll-Hammer von US-Präsident Donald Trump (78) versucht die ganze Welt, die hohen Tarife zu senken. Am Freitag kam es in Genf zu einem hochrangigen Treffen mit US-Wirtschaftsminister Scott Bessent (63). Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was ist in Genf passiert?
Im Zollstreit mit den USA gibt es jetzt einen Hoffnungsschimmer. Nachdem die Vereinigten Staaten bereits mit Grossbritannien eine Absichtserklärung gemacht haben, soll die Schweiz «eines der nächsten Länder» sein, mit denen eine grundsätzliche Verständigung im Zollstreit abgeschlossen wird. «Wir sind hoffentlich die zweiten mit einem Abkommen», sagte Keller-Sutter.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Schweiz und die USA arbeiten an einer gemeinsamen Absichtserklärung. In den nächsten ein bis zwei Wochen könnte diese finalisiert werden. Danach sollen die beiden Staatssekretärinnen Daniela Stoffel (57) – zuständig für internationale Finanzfragen – und Helene Budliger Artieda (60) für das Staatssekretariat für Wirtschaft in die USA reisen und die Details verhandeln.
Während dieser «Verständigungsphase» sollen auch die momentan geltenden Zölle von zehn Prozent bleiben, wie Karin Keller-Sutter sagte. Die 31 Prozent bleiben ausgesetzt. «Wir sind beide Seiten entschlossen, dass wir eine schnelle Lösung finden», sagte Keller-Sutter.
Ist das ein Erfolg für die Schweiz?
Ja, zweifellos. Es ist zwar kein Durchbruch, aber ein wichtiger Schritt vorwärts. Dass dies so schnell gelungen ist – und die Schweiz zu den bevorzugten Verhandlungspartnern der USA gehört, stellt dem Bundesrat ein gutes Zeugnis aus. Zur Erinnerung: Die Landesregierung wurde vom 31 Prozent-Zollsatz relativ unvorbereitet überrascht.
Kontakte des Bundesrates zur neuen US-Regierung bestanden keine, als US-Präsident Donald Trump seinen Zollhammer verkündete – die Schweiz hatte zuvor damit gerechnet, besser als die EU wegzukommen. Innert Kürze konnten Drähte von Bern nach Washington aufgebaut werden. Doch nicht zu vergessen ist: Für viele Schweizer Exportfirmen sind die aktuellen Zölle über 10 Prozent kein Zuckerschlecken. Was dem Bundesrat gelungen ist, ist also vor allem eine erfolgreiche Schadensminderung.
Wie sicher ist dies?
Verhandeln mit Donald Trump ist ein wenig wie das Leiterlispiel: Es gibt viele Fallstricke. Was heute gewonnen ist, kann morgen wieder zerrinnen. Bisher gibt es noch keine Gewissheit, dass die Schweiz in der Schadensminderung der Zölle so erfolgreich bleibt wie bisher. Solange die Tinte unter einer möglichen Vereinbarung mit den USA nicht trocken sei, sei man nicht sicher, sagte auch Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter.
Immerhin scheint der Bundesrat eine relativ vertrauensvolle Beziehung zur US-Administration aufgebaut zu haben. Dies zeigt sich auch daran, dass der US-Finanzminister nun in Genf mit Vertretern Chinas Gespräche führt.
Was bietet die Schweiz den USA?
Laut Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter hat es geholfen, dass die Schweizer Wirtschaft für die nächsten Jahre rund 150 Milliarden Franken Investitionen in den USA angekündigt hat. Immer wieder in Aussicht gestellt worden war auch, dass die Schweiz die USA bei der Berufsbildung unterstützen könnte. In den Diskussionen mit den USA gehe es aber auch um Steuerfragen und um ausgerichtete Subventionen. Zudem müsse erklärt werden, warum die Währungsinterventionen der Nationalbank gegen den starken Franken nötig seien und keine Währungsmanipulation darstellten.
Was bedeutet das Grossbritannien-Abkommen für die Schweiz?
Am Donnerstag haben die USA und Grossbritannien ein Abkommen abgeschlossen. Die endgültigen Details werden noch ausgearbeitet, doch es sieht unter anderem einen verbesserten Marktzugang für amerikanische Exporte vor, insbesondere im Bereich der Landwirtschaft. Welche Zugeständnisse die Schweiz in diesen Bereichen machen kann, ist noch offen und Teil der künftigen Verhandlungen.
Die Schweiz sei offen für Diskussionen über gewisse Aspekte, zum Beispiel über Importzölle für Produkte, die nicht in der Schweiz produziert werden, «aber dass es Grenzen bei der Agrarpolitik gibt», sagte Landwirtschaftsminister Guy Parmelin (65), der beim Treffen ebenfalls dabei war. Die Amerikaner hätten aber auch verstanden, dass es für die Schweiz sehr wichtig sei, eine gewisse Autonomie bei der Landwirtschaftsproduktion zu erhalten. «Es ist eine Art Versicherung seit dem zweiten Weltkrieg», so Parmelin.