Brandbrief an Cassis
Ex-Botschafter warnen vor ethnischen Säuberungen

Dicke Post für den Aussenminister: 55 Ex-Botschafter fordern Cassis auf, schärfer gegen die israelische Regierung vorzugehen. Sie warnen vor «genozidalen Prozessen».
Publiziert: 01.06.2025 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 01.06.2025 um 09:40 Uhr
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55 ehemalige Schweizer Diplomaten kritisieren in einem Brief die israelische Regierung.
Foto: imago

Darum gehts

  • Cassis unter Druck wegen zögerlicher Haltung zur Gaza-Tragödie
  • Ehemalige Diplomaten fordern konkrete Massnahmen und Anerkennung Palästinas
  • 55 Ex-EDA-Diplomaten wenden sich in offenem Brief an Aussenminister
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Aussenminister Ignazio Cassis (64) steht wegen seiner zögerlichen Haltung in der Gaza-Tragödie unter Druck. Nach Informationen von Blick setzte sich der Gesamtbundesrat am Mittwoch dafür ein, das Vorgehen der israelischen Regierung im Gazastreifen mit einer Medienmitteilung zu verurteilen – Cassis war darauf nicht vorbereitet, entsprechend spät erst wurde das Communiqué am Mittwochnachmittag verschickt.

Doch damit nicht genug: 55 ehemalige EDA-Diplomaten wenden sich in einem offenen Brief an den Aussenminister. Darin fordern sie Cassis auf, «konkrete Massnahmen im Sinne der Genfer Konventionen und der Uno-Resolutionen zu ergreifen». Die ehemaligen Diplomaten warnen vor «ethnischer Säuberung und genozidalen Prozessen». Wörtlich steht in dem Appell: «Die Pläne zur Vertreibung der Zivilbevölkerung aus Gaza und zur militärischen Wiederbesetzung des Gebiets durch Israel müssen unverzüglich abgelehnt werden. Beides sind Verstösse gegen das Völkerrecht und stellen Formen ethnischer Säuberung und genozidaler Prozesse dar – wie vom Internationalen Gerichtshof (IGH) festgestellt.» 

Auch fordern die Ex-Botschafter Cassis dazu auf, den Staat Palästina unverzüglich anzuerkennen: «Die Schweiz sollte eine aktive Rolle bei der für Mitte Juni in New York geplanten internationalen Uno-Konferenz übernehmen, die von Saudi-Arabien und Frankreich co-präsidiert wird und sich der konkreten Umsetzung der Zwei-Staaten-Lösung widmet.» Radikale Siedler sollten nicht in die Schweiz einreisen dürfen – die EU hat diese bereits auf eine Sanktionsliste gesetzt, die Schweiz nicht. Auch fordern die ehemaligen Botschafter eine «präzise Ursprungskennzeichnung» für alle Produkte, die aus völkerrechtlich illegalen israelischen Siedlungen stammen.

FDP-Diplomat zofft sich mit Damien Cottier

Den Brief haben unter anderem die ehemaligen Botschafter Tim Guldimann (74), Paul Seger (66), Jean-Daniel Ruch (62), Georges Martin (72) und Cassis' FDP-Parteikollege Didier Pfirter (66) unterschrieben. Pfirter hatte sich bereits letzte Woche auf dem sozialen Netzwerk Linkedin mit FDP-Fraktionschef Damien Cottier (50) gezofft und über Cassis' Haltung geschrieben: «Ich bin dankbar, dass ich diese Politik nicht mehr vertreten und rechtfertigen muss.»

Nach Informationen von Blick hat Cassis ein weiterer Brief erreicht – und zwar von der aktuellen EDA-Belegschaft: «Als Mitarbeitende des EDA, die sich täglich für die Verteidigung der humanitären Werte der Schweiz und der in ihrer Verfassung verankerten Grundsätze einsetzen, appellieren wir an Sie als Vorsteher des EDA, die wahllosen Operationen der israelischen Armee in Gaza und im Westjordanland entschieden zu verurteilen», steht in dem Schreiben. «Wir bitten Sie ebenfalls, geeignete Massnahmen zu ergreifen, um Israel zur Einhaltung seiner Verpflichtungen zu bewegen. Ihr Engagement für die Einhaltung des Völkerrechts ist dringender und notwendiger denn je.»

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