Darum gehts
- Bundesrätin Baume-Schneider spricht sehr gut Berndeutsch, nutzt es aber selten öffentlich
- Eine Rolle spielt der Jura-Konflikt
- Notfalls will Baume-Schneider die Deutschschweizer Kantone zum Frühfranzösisch zwingen
Spricht sie Hochdeutsch, kann man ihren französischen Akzent nicht überhören. Kein Wunder, denkt man: Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (61) ist Jurassierin und politisierte jahrelang im französischsprachigen Kanton.
Was allerdings nicht allzu bekannt ist: Bei der Mundart der Innenministerin hört man kaum, dass sie Westschweizerin ist. In einer Fernsehdokumentation gibt es eine Sequenz, in der sie perfekt Mundart spricht. Es ist eine der ganz wenigen Episoden, in der die SP-Politikerin auf Berndeutsch zu hören ist.
Nun äussert sich Baume-Schneider in einem Interview dazu. Tatsächlich wurde bei der Familie Schneider Berndeutsch gesprochen. «Die Erinnerungen ans Wunschkonzert, das mein Grossvater stets im Radio hörte, und an die Mundart-Lieder, die wir sangen, sind sehr schön. Wie eine Umarmung», sagt Baume-Schneider in einem Interview mit der «Sonntags-Zeitung».
«Ich wollte sein wie alle anderen Kinder»
Warum spricht sie dennoch nicht öfter Mundart? Im Interview löst Baume-Schneider nun dar Rätsel auf. Hintergrund ist der Jura-Konflikt. «Ich habe mich geschämt, in der Öffentlichkeit Deutsch zu sprechen», sagt Baume-Schneider. «Deutsch war die Sprache des Unterdrückers aus Bern. Ich wollte sein wie die anderen Kinder, die alle Französisch sprachen. Im Dorfladen habe ich so getan, als würde ich kein Deutsch verstehen.»
Die Zweisprachigkeit habe ihr gute Schulnoten und ein Verständnis für die unterschiedlichen Kulturen der Schweiz gebracht, sagte Baume-Schneider weiter. Dies dürfte ihr helfen, denn aktuell tobt ein Streit um das Frühfranzösisch. Der Zürcher Kantonsrat beschloss vergangene Woche die Abschaffung.
Bundesrätin setzt Kantone unter Druck
Baume-Schneider will dies nicht akzeptieren. Noch diesen Monat will die Bundesrätin das Thema in den Bundesrat bringen und die Optionen präsentieren. Sie sei dafür, «dass der Bund handelt und den Landessprachenunterricht auf Primarschulstufe vorschreibt», sagte sie. Der Bund schreite aber erst ein, wenn die Kantone nicht selbst eine Lösung fänden.
Derzeit sei die Westschweiz irritiert über die Deutschschweizer Entscheide, so Baume-Schneider. «Manche haben das Gefühl: ‹Wir Romands bemühen uns, während den Deutschschweizern die Landessprachen egal sind›. Das löst Enttäuschung aus», so die Bundesrätin weiter.
In der Westschweiz sei der Trend übrigens anders: «In der Romandie sprechen wir eben nicht von Frühdeutsch, und auch nicht von Fremdsprachen. Es ist für uns einfach ‹Deutsch›, eine Landessprache. Punkt. Auch wenn sie für manche schwierig oder mühsam ist, steht sie für die Romands als Primarschulfach nicht zur Diskussion», stellte Baume-Schneider klar.
Dass die Schweizer Schüler am Ende der Primarschule in Französisch schlecht abschneiden, ist für die Bundesrätin kein Grund dafür, diese Sprache erst später zu lernen. So hätten die Schülerinnen und Schüler in der Pisa-Studie etwa auch in Mathematik zeitweise schlecht abgeschnitten. «Dann hat man geschaut, wie sie sich verbessern können. Niemand wäre auf die Idee gekommen, den Matheunterricht auf die Oberstufe zu verschieben.»