Darum gehts
- Ungarischer Justizminister erklärt Pride-Parade für illegal, Schweizer Politiker reist trotzdem hin
- Grünen-Nationalrat Michael Töngi will Solidarität mit LGBTQ-Community in Budapest zeigen
- Teilnahme an Pride wird mit 500 Euro Busse bestraft, Organisation mit Haftstrafe
«Die Pride ist eine gesetzlich verbotene Versammlung.» Mit diesen deutlichen Worten unterstreicht der ungarische Justizminister Bence Tuzson (53), was unter Premier Viktor Orban (62) längst Realität ist: Die Rechte der LGBTQ-Community werden massiv eingeschränkt – sie sollen möglichst aus der ungarischen Öffentlichkeit verschwinden. Grünen-Nationalrat Michael Töngi (58) sagt dazu: «So nicht!» Er will an diesem Samstag trotz Warnung der ungarischen Polizei zur Pride nach Budapest reisen.
Ein riskantes Unterfangen. Denn bereits 2021 beschloss Ungarn eine Verfassungsänderung, die – unter dem Vorwand des Kinderschutzes – Veranstaltungen verbietet, bei denen nicht-heterosexuelle Lebensweisen sichtbar gemacht werden. Mitte März hat das Parlament die rechtliche Lage nochmals verschärft.
Europäische Grüne laden zur Verteidigung
Faktisch ist die jährliche Pride in Ungarn verboten. Dabei handelt es sich um eine Parade, bei der Menschen ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität selbstbewusst und öffentlich zeigen. Häufig ist der Anlass auch mit politischen Forderungen nach Gleichstellung verknüpft. In vielen grossen Städten weltweit finden solche Regenbogenparaden statt. So beispielsweise am 21. Juni in Zürich.
Michael Töngi ist selbst Teil der Community. Ihm ist es ein persönliches Anliegen, sich mit der LGBTQ-Gemeinschaft in Budapest solidarisch zu zeigen und sie aktiv zu unterstützen. Zu Blick sagt er: «Als der Aufruf von den europäischen Grünen kam, nach Ungarn zu reisen, war für mich klar, dass ich gehe.» Auf das Pride-Verbot reagierten die Grünen im Europaparlament umgehend: «Wir werden das Demonstrationsrecht verteidigen – wir sehen uns nächstes Wochenende in Budapest!»
«Mein Partner begleitet mich»
Neben den 20 Europaabgeordneten werden auch zahlreiche nationale Politikerinnen und Politiker der Grünen den Weg nach Budapest auf sich nehmen. Es sei eine gemeinsame Aktion, um zu zeigen: «Wir stehen ein für Grundrechte und für eine offene Gesellschaft.» Für Michael Töngi ist es «ein Herzensanliegen». Am Freitag nahm er den Zug nach Wien, von dort geht es am Samstag weiter nach Budapest.
«Ich bin froh, dass mich mein Partner begleitet; das schafft auch für mich Sicherheit», sagt der 58-Jährige. Denn obwohl der Budapester Bürgermeister Gergely Karácsony (50) als Oppositionspolitiker die Durchführung der Pride unterstützt, reist Töngi mit Respekt – und einem etwas mulmigen Gefühl. «Ich würde lieber nicht gehen müssen, aber ich gehe trotzdem.» Es gehe nicht darum, einfach an einer Pride teilzunehmen, um zu feiern. Die Aktion sei als klares politisches Manifest zu verstehen.
Es drohen Bussen und Haftstrafen
Doch wie gefährlich wird dieses Vorhaben tatsächlich? Müssen Michael Töngi, sein Partner und die anderen Teilnehmenden mit Tränengas oder Gummischrot rechnen? Bis zum Beginn der Pride werde unklar bleiben, welche Situation sie erwartet, sagt er. Doch die Grünen hätten detaillierte Sicherheitshinweise verschickt. «Wir wollen stark auftreten, aber keine unnötigen Risiken eingehen.»
Wie Justizminister Tuzson am Donnerstag nochmals bekräftigte, wird die Teilnahme an der Pride mit einer Busse von 500 Euro geahndet. Personen, die die Veranstaltung organisieren oder dazu aufrufen, droht sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Für Töngi ist die Lage schwer einzuschätzen – auch, weil die Aktion die Unterstützung des Budapester Bürgermeisters geniesst. Trotzdem sagt er: «Wir sind ein Stück weit auch als Schutz für diese Pride gedacht.» Quasi als menschlicher Schutzschild.