Darum gehts
- Steuervorteile für Grenzgänger bei privater Altersvorsorge sollen gestrichen werden
- Politiker kritisieren die Änderung und fordern Beibehaltung der bisherigen Praxis
- 15'262 Personen mit Wohnsitz in der Schweiz arbeiteten 2024 in Liechtenstein
Wer in der Schweiz von Grenzgängern spricht, denkt meist an die rund 400'000 Personen, die im Ausland wohnen und hierzulande einen Job haben. Der umgekehrte Fall ist weniger geläufig: Menschen mit Wohnort in der Schweiz, die im Ausland arbeiten. Besonders an der Grenze zu Liechtenstein kommt dies aber häufig vor. Gemäss liechtensteinischen Angaben arbeiteten im letzten Jahr 15'262 Personen mit Schweiz-Wohnsitz im Fürstentum. Zum Vergleich: Das Land hat rund 40'000 Einwohner.
Genau diese Gruppe steht nun vor einer folgenschweren Änderung: Ihr sollen die Steuervorteile bei der privaten Altersvorsorge gestrichen werden. Künftig soll es für sie nicht mehr möglich sein, die Säule-3a-Einzahlungen von den Steuern abzuziehen.
Bund interveniert bei Kantonen
Der Grund für die Regeländerung: Die eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) ist bei den Kantonen an der Grenze zum Ländle vorstellig geworden. Diese waren bislang grosszügig und haben den Grenzgängern die gleichen Abzugsmöglichkeiten gewährt wie inländischen Erwerbstätigen.
Die Steuerverwaltung bemängelt nun, dass die Steuerabzüge bei der Säule 3a eigentlich nur zulässig seien, wenn die betroffenen Personen der Schweizer AHV unterstellt sind – was bei Grenzgängern mit Arbeitsort im Ausland in der Regel nicht der Fall ist.
Konkret betrifft dies St. Gallen, Appenzell Innerrhoden und Appenzell Ausserrhoden sowie Graubünden, wie die ESTV auf Blick-Anfrage schreibt. Bei allen vier Kantonen habe die Bundesbehörde darum ersucht, ihre Praxis anzupassen oder zu überprüfen.
Eigentlich dürfen Personen ohne Versicherung in der Schweizer AHV laut Gesetz gar keine Säule 3a eröffnen, hält die ESTV fest. Kommt es dennoch zu solchen Einzahlungen, können die Steuerbehörden lediglich den Steuerabzug verweigern und die Betroffenen auffordern, sich das Geld zurückzahlen zu lassen.
St. Galler Parlamentarier wollen Änderung verhindern
In St. Gallen soll die Praxisänderung ab der Steuerperiode 2027 gelten, wie der Kanton mitteilt. Allerdings regt sich dagegen nun heftiger Widerstand. SVP-Nationalrat Walter Gartmann (56, SG), der selbst in der grenznahen Region lebt, findet die Regeländerung unverständlich. «40 Jahre lang hat sich die bisherige Praxis bewährt», sagt er. «Zudem widerspricht die Neubeurteilung des Bundes dem Sozialversicherungsabkommen zwischen der Schweiz und Liechtenstein.»
Die Gesetzeslage habe sich eigentlich gar nicht geändert, so Gartmann. «Aber der Bund sucht derzeit überall nach Geld – statt bei den Ausgaben zu sparen, zapft man nun die private Vorsorge an, um Löcher in der Bundeskasse zu stopfen.» Viele Kaderleute aus Liechtensteiner Firmen wohnten in der Schweiz und würden hier gute Steuern zahlen. Es sei falsch, ausgerechnet bei ihnen anzusetzen.
Gartmann und die St. Galler SVP-Ständerätin Esther Friedli (48) haben deswegen gleichlautende Vorstösse in der kleinen und der grossen Kammer eingereicht. «Dass der Bund den Bürgern immer mehr Geld aus dem Sack zieht, finde ich nicht akzeptabel», sagt auch Friedli. «Es ist im Interesse der Gesellschaft, dass man Verantwortung für die eigene Altersvorsorge übernimmt.» Beide Politiker hoffen, dass das Parlament möglichst schnell eingreift – und die Regelung noch vor der Steuerperiode 2027 rückgängig macht.