Darum gehts
- Schweizer Verbände wehren sich gegen Sparpaket des Bundesrats
- Vereine verteidigen vehement ihre Interessen gegen geplante Kürzungen
- Über 15’000 Seiten Stellungnahmen beim Bundesrat eingegangen
Die Schweiz ist das Land der Verbände und Vereine. Landauf, landab gibt es Zehntausende davon. Gerne messen wir die Gesundheit unserer Gesellschaft an ihnen: Bekunden sie ein Nachwuchsproblem, dann mangelt es an zivilem Engagement. Die Vereine sind schliesslich dort, wo unsere direkte Demokratie im Kleinen stattfindet.
Tatsächlich geht in der Politik nichts ohne sie. Bevor der Bundesrat eine Gesetzesänderung ins Parlament schickt, dürfen neben Parteien oder Kantonen zuerst auch sämtliche betroffenen Interessengemeinschaften ihren Kommentar abgeben.
Während der Vernehmlassung zum Sparpaket erwacht die Schweizer Verbandsgesellschaft zu voller Blüte: Vom Müllerverband über Elternvereine bis zum Bühnenverband – alle wollen verhindern, dass ausgerechnet bei ihnen gespart wird. Über 15’000 Seiten Post erhielt der Bundesrat zu seinen Sparplänen. Die zusammengetragenen Stellungnahmen wurden nun online veröffentlicht.
Sparen? Ja nicht bei uns!
Ihre jeweiligen Interessen verteidigen die Vereine vehement. Die Schweizerische Gesellschaft für Geschichte (SGG) lehnt es etwa ab, im Bereich der Bildung und Forschung zu sparen. Dabei dürften vor allem die Geschichtswissenschaften nicht geschwächt werden. Dies angesichts der autoritären Tendenzen weltweit.
Der Spielgruppen-LeiterInnen-Verband (SSLV) will verhindern, dass Kürzungen in den Bereichen Bildung und Kinderförderung die Bedingungen guten Aufwachsens aller Kinder in der Schweiz verschlechtern. Und die Arbeitsgemeinschaft für die provinzialrömische Forschung in der Schweiz – abgekürzt einfach ARS – schmettert alle Massnahmen ab, welche indirekt das römische Kulturerbe in der Schweiz betreffen.
«Grenze der Dreistigkeit»
Kaum jemand lässt ein gutes Haar an der Vorlage. Und selbst die Befürworter der Sparpläne sehen sich angesichts dieser Kakofonie an Beschwerden gezwungen, gleich selbst mit einzustimmen.
Obwohl das «kollektive Beschwören des Weltuntergangs als Folge des Entlastungspakets» übertrieben sei und teilweise «an die Grenze der Dreistigkeit» gehe, meldet auch der Verband der Schweizer Tech-Industrie, Swissmem, seine Kritik an.
Das wird elegant begründet: Sollte das Parlament das Paket trotzdem aufschnüren («und danach sieht es aus»), dann wolle die Branche am Schluss des Tages «nicht der Tubel im Umzug sein, wie man auf Berndeutsch so schön sagt». Und weiter: Falls jene Kreise, die am lautesten schreien, auch von den Sparmassnahmen verschont blieben, würden sich all jene veräppelt fühlen, die eben nicht aufgeschrien haben.