«Ich verdanke dem ESC alles»
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ESC-Legende Paola Felix:«Ich verdanke dem ESC alles»

So begann die grosse Liebe
Kurt Felix verführte Paola mit spitzbübischem Satz

Ihrer Heimatstadt St. Gallen ist Paola Felix immer treu geblieben – trotz Ruhm auf internationalen Bühnen. Beim Interview resümiert die Showlegende, wie dieser Ort ihr Leben, ihre Karriere und ihre Liebe prägte.
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Paola Felix am Weihnachtsmarkt in der Stadt St. Gallen.
Foto: Fabienne Bühler

Darum gehts

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Sylvie Kempa
Sylvie Kempa
Schweizer Illustrierte

Es hat geschneit. St. Gallen trägt eine weisse Krone. Die Sterne der Weihnachtsbeleuchtung verwandeln Stiftsbezirk und Altstadt in eine magische Kulisse. Paola Felix (75) hält inne, schaut hoch und lächelt. «Wussten Sie, dass unsere Weihnachtsbeleuchtung einmal zur schönsten des Landes gewählt wurde? Den Zeitungsartikel dazu habe ich noch.» 

Paola Felix bewahrt alles auf, was ihr wichtig ist. «Ich lagere zu Hause Archivboxen voller Erinnerungsstücke – einst noch von meinen Eltern gesammelt.» Vor allem Fotos. Ihr Vater liebte die Fotografie. «Er hat nicht nur geknipst, sondern unsere Familienfotos arrangiert. Ich weiss noch, wie wichtig es ihm war, sie auf Chamois-Papier mit den damals üblichen gezackten Rändern in Alben aufzubewahren. Wenn ich sie ansehe, lebt meine Kindheit wieder auf.»

Auf einem Abzug, den Paola Felix zum Interview mitgebracht hat, sitzt sie mit ihren zwei jüngeren Geschwistern Elisabeth und Luigi sowie ihren Eltern der Grösse nach geordnet vor dem Christbaum. 1963 ist in Zierschrift auf der Rückseite vermerkt.

Schweizer Illustrierte: Paola Felix, was ist Ihre liebste Weihnachtserinnerung?
Paola Felix: Als Kind bin ich mit meinem Papa immer in den Wald gegangen, um Moos für die Krippe zu sammeln. Und ich erinnere mich noch, dass ich von meinem Bett im Kinderzimmer aus durchs Schlüsselloch das Licht im Wohnzimmer sah. Wenn ich glaubte, ein Glitzern zu sehen, wusste ich: Das muss das Christkind sein!

Sie sind die Älteste von drei Geschwistern. Feiern Sie immer noch zusammen?
Ja, wir waren uns stets nah. Aber die Familie ist nun grösser: Ich bin mittlerweile sechsfache Grosstante. Kurt liebte unsere Familienfeste. Er war Einzel- und Scheidungskind und sagte immer: Ich habe nicht nur dich geheiratet, sondern deine ganze Familie. Und eigentlich ganz Italien (lacht).

Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

Paolas Vater, ein Schneider aus der adriatischen Stadt Fano, heuerte nach dem Zweiten Weltkrieg als Gastarbeiter in der Textilindustrie an. Ihre Mutter war zwar Toggenburgerin, wuchs jedoch in der norditalienischen Stadt Bergamo auf. Als sich die beiden in St. Gallen kennenlernten und eine Familie gründeten, konnten sie nicht ahnen, dass ihre Erstgeborene als Tochter der Stadt in die Show-Geschichte eingehen würde.

Paola zeigte früh musikalisches Talent. Als Kind sang sie beim Abwasch zweistimmig mit ihrer Mutter, die selbst gern Opernsängerin geworden wäre. «Dass ihre Eltern ihr diesen Wunsch verwehrten, war vermutlich mein Glück», sinniert Paola. «Als ich um Gesangsstunden bat, zeigte Mama mir die Unterstützung, die sie selbst nie bekommen hatte.» Mit 14 begeisterte Paola bei einem Talentwettbewerb das Publikum. Ihr erster Bühnenauftritt. Auch davon gab es ein Foto vom Papa.

Fünf Jahre später reiste Paola mit einer Delegation des Schweizer Fernsehens nach Madrid, um die Schweiz am Concours Eurovision de la chanson zu vertreten.

Für das Lied «Bonjour, bonjour» erhielt sie den fünften Platz. Das war der Startschuss für ihre Karriere. Bald darauf landete sie mit «Blue Bayou» ihren grössten Hit. Er machte sie zu einer der erfolgreichsten Sängerinnen der Schweiz.

Hätten Sie sich Ihre Ausbildung, eine kaufmännische Lehre, im Nachhinein sparen können?
Das Gelernte war mir ein Leben lang nützlich. Das Zehnfingersystem spart mir heute noch viel Zeit. Und am Anfang meiner Karriere als Sängerin managte ich mich selbst. Ich buchte Tickets, Hotels und organisierte Noten, meine Outfits und vieles mehr.

Für den Concours Eurovision hat Akris speziell für Sie ein Outfit designt.
Ja. Mit meinem Lied habe ich die Schweiz repräsentiert. Aber mit dem für mich von Akris gefertigten Modell aus St. Galler Stickerei vertrat ich zugleich meine Heimatstadt. Das historische Erbe der Textilindustrie war mir schon damals sehr bewusst.

Das Kleid ist im Textilmuseum ausgestellt. Gehört es Ihnen noch?
Nein, ich habe es dem Museum geschenkt. Das Kleid verbindet als Symbol internationale Fernsehgeschichte mit lokaler Tradition, deswegen ist es im Museum besser aufgehoben als in meinem Kleiderschrank. Dass meine modische Vergangenheit solch eine Wertschätzung geniesst, freut mich besonders.

Obwohl Paola Felix ihrer Heimatstadt stets verbunden war, hätte sie ihr einmal fast den Rücken gekehrt. Anfang der 80er-Jahre, kurz nach der Hochzeit, suchten sie und ihr Mann, Moderator und Produzent Kurt Felix, einen Ort für ihr gemeinsames Haus. Beide waren auf dem Höhepunkt ihrer Karrieren: Paola hatte mit «Cinema» zum zweiten Mal die Schweiz am Concours Eurovision vertreten und tourte durch Europa, während Kurt mit Formaten wie «Teleboy» und «Verstehen Sie Spass?» das Fernsehpublikum begeisterte.

Das Paar prüfte verschiedene Wohnorte in Flughafennähe. «Aber wir konnten uns nie wirklich entscheiden», erinnert sie sich. Erst der Rat des Pfarrers, der sie getraut hatte, brachte Klarheit. «Er sagte: Schaut nicht auf Reisepläne, sondern darauf, wo eure Herzen zu Hause sind. Also bauten wir in St. Gallen.»

Ihr Mann kam aus Wil SG. Wie wichtig waren die geografischen Wurzeln in Ihrer Liebe?
Gleich und Gleich gesellt sich gern, sagt man doch. Wir waren uns in allem ähnlich. Das war unsere stärkste Verbindung und zeigte sich auch durch unsere Verankerung in der Region.

Sie kannten sich zehn Jahre, bevor Sie sich verliebten. Wann wurde Ihnen klar, dass Kurt der Richtige ist?
Es war ein lustiger Moment. Wir sassen während einer Produktion bei einem Kaffee in der Kantine des Schweizer Fernsehens, und er sagte spitzbübisch: ‹Fräulein Del Medico, wir werden einmal heiraten.› Ich konterte, wir seien ja noch nicht einmal per Du. Also einigten wir uns darauf, uns künftig nicht mehr zu siezen. In diesem Moment machte es bei mir Klick. Wir waren verliebt, dann verlobt, zwei Jahre später verheiratet.

Das gemeinsame Haus in St. Gallen bewohnten Paola und Kurt Felix in den ersten Ehejahren selten gleichzeitig. Beide waren oft unterwegs, und jeder hatte vom anderen eine Liste mit Hotels und Telefonnummern, um abends zu kabeln. «Zum Glück haben wir in dieser Zeit zusammen ‹Verstehen Sie Spass?› moderiert», sagt Paola. «Diese Sendung schenkte uns jeweils einige gemeinsame Tage.»

1990 wurde Paola 40 und Kurt 50 Jahre alt. Das Paar zog sich gemeinsam aus dem Showgeschäft zurück. «Man warnte uns, dass das nicht gut gehen könne. Aber nach dem Rücktritt hatten wir so viel nachzuholen, dass uns nie langweilig wurde.» Sie gingen auf Reisen und bauten sich einen gemeinsamen Alltag auf: frühstücken, Zeitung lesen, wandern, Fahrradtouren. «Das haben wir sehr genossen!»

2012 starb Kurt Felix an den Folgen einer Krebserkrankung. Der Verlust hat in Paolas Leben und im Haus eine Lücke hinterlassen. Aber als sie an diesem Vorweihnachtsabend unter St. Gallens Sternenhimmel von ihm spricht, tut sie es mit strahlendem Lächeln.

Was hat Ihnen nach dem Verlust geholfen, wieder glücklich zu werden?
Die Dankbarkeit beim Zurückschauen. Sie ist es, was mein Leben jeden Tag beflügelt. Ich hatte eine schöne Kindheit in St. Gallen. Ich fand Erfüllung in meinem Beruf. Und mir wurden 33 Jahre mit Kurt geschenkt.

Würden Sie die Liebe noch einmal in Ihr Leben lassen?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es so ein Glück ein zweites Mal gibt.

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