Darum ist die Oper auch für Junge toll
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Oper – uncool? Auf keinen Fall:Darum ist die Oper auch für Junge toll

Nach 13 Jahren tritt Opernhaus-Intendant Andreas Homoki ab – er hat eine neue Ära geprägt
«Diesen Quark machen wir in Zürich nicht mit»

Andreas Homoki war über ein Jahrzehnt die prägende Figur am Opernhaus Zürich. Mitte Juli gibt er den Schlüssel weiter. Was bleibt vom Mann, der der Oper als Intendant zu unverhoffter Sexyness verholfen hat? Ein Gespräch über Publikumsnähe, Geld und Aberglaube.
Publiziert: 01:00 Uhr
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Aktualisiert: 08:32 Uhr
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Der Deutsche Andreas Homoki tritt nach 13 Jahren als Intendant am Opernhaus Zürich ab.
Foto: Thomas Meier

Darum gehts

  • Andreas Homoki verlässt Opernhaus Zürich nach 13 Jahren als Intendant
  • Homoki betont Wichtigkeit von Klarheit und Zugänglichkeit in der Oper
  • Opernhaus Zürich erhält jährlich fast 90 Millionen Franken an Subventionen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Laszlo SchneiderTeamlead People-Desk

Blick: Herr Homoki, sind Sie abergläubisch?
Andreas Homoki:
Ja und nein. Manchmal kann Aberglaube ja ganz aufbauend sein. Wenn im Horoskop die Sterne günstig stehen, zum Beispiel. Mit Freitag, dem 13., oder schwarzen Katzen habe ich aber keine Probleme. Wieso meinen Sie?

Vor einer Vorführung «Viel Glück» zu wünschen, gilt an der Oper nicht nur als verpönt, sondern geradezu gefährlich. Was droht einem da bei Ihnen?
(Lacht.) Ich antworte mit einem strahlenden «Dankeschön!». Aber Sie haben recht, es gibt viel Bühnenaberglauben.

Haben Sie einen Favoriten?
Auf der Bühne wird nicht gepfiffen! Wer das tut, pfeift auch auf die Gage! (Lacht.) Aber im Ernst: Ich finde diese Eigenheiten schön – auch wenn es sich meistens um Verbote handelt. Das sind Traditionen, die man gemeinsam lebt und respektiert. Obwohl sie meistens Quatsch sind, verbinden sie. Und jetzt, wo Sie es sagen: Ich trete hier an einem 13. ab ...

... und nach 13 Jahren, in denen Sie das Opernhaus Zürich umgekrempelt haben. Eine Passage aus einem älteren Interview ist mir in diesem Zusammenhang geblieben. Sie haben sinngemäss gesagt, Sie wollen Abstand von kompliziertem Quatsch nehmen.
Das war rückblickend vielleicht etwas hart ausgedrückt, benennt aber etwas Wichtiges: Die Oper muss fürs Publikum nachvollziehbar sein. Oft haftet ihr ja etwas Mysteriöses an – und es bedarf einer Vorbildung. Das ist snobistisches Zeugs! Es gibt immer wieder Kolleginnen und Kollegen, die die Oper unerträglich intellektualisieren. Da habe ich mir gesagt: Diesen Quark machen wir in Zürich nicht mit.

Andreas Homoki machte in 13 Jahren viele Türen auf – vor allem für die Öffentlichkeit.
Foto: Thomas Meier

Sie haben der Oper den Sinn für Öffentlichkeit eingehaucht.
Klarheit war für mich immer das Wichtigste. Ich habe Opern als junger Mensch nicht gemocht – weil ich sie eben als unglaubwürdig, kitschig und snobistisch empfunden habe. Und dann habe ich angefangen, mich damit zu beschäftigen – in erster Linie, weil ich Musiker bin und mich für Theater interessiere. Da ist mir ein Licht aufgegangen: Solange Klarheit herrscht, ist Oper für alle zugänglich.

Was entgegnen Sie einer Person, die die Oper für zu abgehoben hält?
Ich empfehle ihm oder ihr eine spezifische Aufführung. Zum Beispiel den «Elias» oder «Hoffmanns Erzählungen». Aber natürlich: Die Geschmäcker sind verschieden.

Wie meinen Sie das?
Mich stört es, wenn die Sängerinnen und Sänger einfach ihren Stiefel runtersingen und nicht mit dem Rest des Ensembles interagieren, das habe ich genug oft gesehen. Es gibt aber eben auch Leute, die sich einfach freuen, wenn der Sänger schön singt und den hohen Ton trifft. Das reicht mir nicht.

Sie haben die «Oper für alle» erschaffen – ein Spektakel für Tausende Menschen auf dem Sechseläutenplatz.
Wir führten das Format 2014 hier ein, damals im Rahmen der Festspiele Zürich. Da meinte dann jemand, «Oper für alle» sollte doch während der Festspiele jeden Abend stattfinden. Nein, überhaupt nicht! Die Menschen schätzen diese Einmaligkeit, den Event-Charakter. Vielleicht kommen sie dann auch mal zu einer Vorstellung ins Opernhaus.

Die Auslastung von 91,6 Prozent gibt Ihnen recht. Muss die Oper also künftig noch digitaler werden, um weiterhin neues, jüngeres Publikum anzuziehen?
Das ist ein zweischneidiges Schwert. Streaming und digitale Angebote helfen beim Einstieg. Man muss aber aufpassen, dass man nicht irgendwann einfach das ganze Angebot parallel zum Live-Erlebnis online zur Verfügung stellt. Dann bleiben die Leute nämlich aus.

Inwiefern?
Die «Met» (Metropolitan Opera in New York, Anm. d. Red.) ist das beste Beispiel. Zwar wird dort noch regelmässig live performt, die Vorführungen werden aber auch in Kinos in ganz New York und dem Umland gezeigt. Da kann man dann gemütlich sein Cüpli dazu trinken. Wieso sollte ich dann noch nach Manhattan fahren?

In Zürich haben Sie das anders gehandhabt.
Als wir den Nibelungen-Ring aufgeführt haben, waren alle Vorstellungen im Nu ausverkauft. Das Erlebnis wollten wir nicht nur einigen wenigen Tausend, sondern möglichst allen bieten. Die «Freunde der Oper Zürich» haben uns dann mit einer beachtlichen Summe unterstützt, und wir konnten die Vorführungen gratis per Stream bereitstellen, der 300’000 Views hatte.

Persönlich: Andreas Homoki

Andreas Homoki (65) wird als Sohn ungarischer Einwanderer im deutschen Marl geboren und studiert in Berlin Schulmusik und Germanistik. Zwischen 1987 und 1993 arbeitet er als Regieassistent an der Oper Köln. In Genf gelingt ihm 1992 mit «Die Frau ohne Schatten» der Durchbruch. 2004 übernimmt Homoki die Intendanz an der Komischen Oper in Berlin, 2012 wechselt er nach Zürich. Unter seiner Leitung wird das Opernhaus Zürich mehrfach ausgezeichnet. Er ist Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, ist verheiratet und hat einen Sohn.

Thomas Meier

Andreas Homoki (65) wird als Sohn ungarischer Einwanderer im deutschen Marl geboren und studiert in Berlin Schulmusik und Germanistik. Zwischen 1987 und 1993 arbeitet er als Regieassistent an der Oper Köln. In Genf gelingt ihm 1992 mit «Die Frau ohne Schatten» der Durchbruch. 2004 übernimmt Homoki die Intendanz an der Komischen Oper in Berlin, 2012 wechselt er nach Zürich. Unter seiner Leitung wird das Opernhaus Zürich mehrfach ausgezeichnet. Er ist Mitglied der Akademie der Künste in Berlin, ist verheiratet und hat einen Sohn.

Wo wir gerade beim Geld sind: Fast 90 Millionen Franken bekommt das Opernhaus Zürich jährlich an Subventionen. Wie rechtfertigen Sie das?
Ich habe und hatte es ja immer mal mit Politikern zu tun, die mich nach dem Sinn und Zweck der Oper und den Kosten gefragt haben. Wir haben Kommissionen und Fraktionen eingeladen, die meisten waren beeindruckt, wie viele Menschen hier arbeiten. Ihre Frage nach dem «Warum so viel?» habe ich dann jeweils umgedreht: «Wie muss denn ein Musiktheater sein, dass es sich selbst finanziert?» Kosten runter: weniger produzieren, weniger Leute auf der Bühne und im Orchester. Das ist dann im Extremfall das Modell des kommerziellen Musicals, wie es in London oder New York gezeigt wird. Wenn ich das hier machen würde, wäre das Haus in vier Wochen leer. Wir stemmen inklusive Ballett jährlich zwölf Neuproduktionen. Mit den Subventionen wird letztlich die Vielfalt bezahlt.

Ein Mann, der anpackt: Andreas Homoki hat das Opernhaus von einer Elite-Institution zum Allgemeingut umgebaut.
Foto: Thomas Meier

Und dennoch gibt es viele Stimmen aus Politik und Bevölkerung, die die Oper als Luxusgut betiteln.
Natürlich ist es das! Das ist ja auch das Schöne daran. Aber eben ein Luxusgut, das für alle zugänglich ist. Das war immer mein Ansatz. Mithilfe von Legis und vielen anderen Ermässigungsangeboten ist ein Opernbesuch in Zürich heute nicht mehr viel teurer, als ins Kino zu gehen.

Sie haben vorhin den Nibelungen-Ring angesprochen. Was würden Sie mit Komponist Richard Wagner in Zürich unternehmen?
Ich würde mit ihm in der Kronenhalle ein Entrecôte essen. Dann würde ich ihn zu einer Probe mitnehmen. Und ich würde mir wünschen, dass er bei der einen oder anderen Stelle sagt: «Mensch, eigentlich habe ich mir das genau so vorgestellt, aber mich einfach nicht getraut!» Das wäre schön.

Am 13. Juli endet ihre 13-jährige Intendanz am Opernhaus Zürich. Am 14. Juli ...
... stehe ich auf – vielleicht nicht zu früh – ich mache mir und meiner Frau einen Cappuccino, und wir essen Croissants. Dann fahren wir runter an den See und gehen eine Runde schwimmen. Und wenn wir abends noch einmal mögen, gehen wir noch mal in den See. Ausserdem möchte ich jetzt, wo ich nicht mehr so eingebunden bin, noch mehr von der Schweiz sehen. Vielleicht mal wieder ein paar Tage ins Wallis fahren. Oder nach Genf. Die Nähe zu all diesen wunderbaren Orten ist fantastisch.

Was hinterlassen Sie uns – und Ihrem Nachfolger Matthias Schulz?
Ein gut bestelltes Haus, keine Schulden und ein motiviertes Ensemble, das bereit ist, diesen Weg weiterzugehen. Und dann steht mittelfristig ein grosser Umbau bevor – da wünsche ich ihm ein gutes Händchen.

Viel Glück, Herr Homoki. Und toi, toi, toi!
(Lacht.) Danke schön!

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