Der Corona-Ausbruch auf der Schweizer Musikflussfahrt zwischen Passau und Frankfurt am Main schockiert die Schweiz. Nachdem auf der MS Swiss Crystal vor zwei Wochen fröhlich gesungen, gejodelt und musiziert wurde, wurden 60 der 92 Teilnehmer positiv aufs Coronavirus getestet. Der Vorfall führt auch innerhalb der Volksmusikszene zu Unverständnis. «Das ist oberbirrenweich und ein absolutes No-Go», sagt Suzanne Klee (74) erzürnt. «Mir käme es bei der aktuellen Situation beim besten Willen nicht in den Sinn, meinen Fuss auf so ein Flussfahrtschiff zu setzen.»
Der Country-Star würde sich an Bord eines Boots eingeschränkt fühlen: «Auf so einem Schiff hat man keinerlei Ausweichmöglichkeiten und ist womöglich noch mit Menschen auf dem Boot gefangen, die die Corona-Regeln gar nicht ernst nehmen. Dieses Risiko ist mir zu gross.» Bevorzugt werden von Klee Anlässe, die unter freiem Himmel stattfinden. «Und vor ein paar Wochen war ich im Circus Knie. Dort herrscht Maskenpflicht, und ins Zelt wird viel Luft gepumpt.» Auch ihren Geburtstag, der Mitte November ansteht, organisiert sie im kleinen Rahmen. «Aber mit hoher Decke», fügt sie lachend an.
Calimeros haben Auftritte auf Schiffen abgesagt
Roland Eberhard (63) von den Calimeros wäre in den letzten Wochen mit seiner Schlagerband sowohl auf einer Flussfahrt als auch auf einer Kreuzfahrt gebucht gewesen. «Doch in Absprache mit dem Veranstalter liessen wir das Ganze fallen. Die Lage ist derzeit einfach zu unsicher», meint er. Auch wenn es schwierig sei, müsse man nun abwarten, bis sich die Lage wieder entspanne. «Dass man bei solchen Reisen noch dabei ist, empfinde ich von uns Musikern als einen Akt der Verzweiflung, weil wir natürlich von Auftritten leben», sagt er. «Viele Menschen aus der Eventbranche haben unter der aktuellen Situation finanziell enorm zu kämpfen. Da geht man dann auch mehr Risiken ein.»
Volksmusik-Sängerin Manuela Fellner (35) findet die Durchführung der Musikflussfahrt nicht fahrlässig. «Es bestand ja ein Schutzkonzept. Auch wenn es offensichtlich nicht funktioniert hat.» Sie selbst verzichtet bei der aktuellen Lage aber auf Fanreisen und absolviert auch keine Auftritte. «Es ist schon mutig, jetzt noch eine Reise zu organisieren, auf der zahlreiche Mitglieder der Corona-Risikogruppe ohne Maske zusammen in einem Raum sitzen», gibt die Musikerin, die auch als Arztsekretärin arbeitet, zu bedenken. «Ein Flussfahrtschiff hat niedrige Decken. Und auch wenn Maskenpflicht herrscht, waren ja alle ohne Maske bei den Konzerten, egal ob auf der Bühne oder am Sitzplatz.»
Mit Entschädigung weniger Risikobereitschaft
Monika Kaelin (66), Präsidentin der Showszene Schweiz und von Prix Walo, wünscht allen Beteiligten eine schnelle Genesung, möchte den Vorfall auf dem Schiff aber nicht kommentieren. Sie gibt zu bedenken, dass viele Künstler und Mitarbeiter der Veranstaltungsbranche in einer misslichen Lage sind. «Es ist sehr kompliziert und langwierig, als selbständige Kulturschaffende zu Entschädigungen zu kommen. Die Behörden sollten unbedingt die Gesuche schneller bearbeiten, denn die Existenz steht bei vielen auf dem Spiel und sie sind dieser Situation hilflos ausgeliefert.»