Darum gehts
- Ascona zum Schweizer Dorf des Jahres 2025 gewählt. Freude bei Bürgermeister
- Beliebter Ferienort bietet mediterranes Flair, Berge und kulturelles Programm
- 80 Prozent der Touristen kommen aus der Deutschschweiz, 5600 Einwohner ganzjährig
«Salute!» Nicht dass man an einem strahlend sonnigen Sonntag an der Seepromenade von Ascona einen Grund zum Feiern bräuchte, um die Gläser klingen zu lassen. Aber Bürgermeister Giorgio Gilardi (67), Künstler Gianpaolo Brunoni (81) und Guido Casparis (59), Hotelier und Präsident des Jazzfestivals von Ascona, haben einen richtig guten: Die «Côte d’Azur des Tessins», wie Moderatorin Christa Rigozzi den Ort nennt, wurde zum Schweizer Dorf des Jahres 2025 gewählt.
«Eine grosse Freude und Ehre», sagt Giorgio Gilardi, der seit eineinhalb Jahren Vorsteher der Gemeinde ist. Dies, obwohl der ehemalige Schulpräsident von Ascona längst pensioniert wäre. «Das ist mein sehr zeitaufwendiges Hobby», meint er schmunzelnd. Dabei freut Gilardi besonders, dass der Rest der Schweiz den beliebten Ferienort am Lago Maggiore genauso liebt wie er selbst. «Jedes Mal, wenn ich weg war und wiederkehre, mache ich ein Foto, weil der Anblick so atemberaubend ist! Dabei habe ich ihn ja jeden Tag vor der Nase.» Zumal das rot gestrichene Rathaus direkt an der Seepromenade liegt.
Der Asconese ist gesellig
Dieses Gefühl kennt auch Guido Casparis. Der 2,02-Meter-Mann hat in den USA studiert und Basketball gespielt. Er ist mit Freuden in die Heimat zurückgekehrt. Seit 2012 leitet er das Jazzfestival. «Als es ins Leben gerufen wurde, war ich ein Teenager. Mich hat diese Musik fasziniert.» Ascona Jazz, das jeweils Ende Juni, Anfang Juli stattfindet, ist ein Partnerfestival des legendären Jazzfestivals in New Orleans, wird von diesem gar gesponsert. Dies ist mit ein Grund, dass die Konzerte an der Seepromenade gratis besucht werden können.
Dieser Artikel wurde erstmals in der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.
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Vom Jazzfestival übers Festival Ticino Musica oder den Markt am Dienstag bis hin zum Herbstfest: Ascona bietet ein reichhaltiges kulturelles Programm. «Dies nicht nur für die Touristen», betont Bürgermeister Gilardi. «Wir haben auch ein sehr aktives Vereins- und Dorfleben für die Einheimischen.» Der typische Asconese sei lebenslustig, offen und gesellig, so Giorgio Gilardi. «Das muss man hier sein, an einem Ort, an dem so viele unterschiedliche Menschen verkehren.»
In dieser Hinsicht unerkennbar ein Einheimischer ist Gianpaolo Brunoni. Der Künstler verkauft in seinem Geschäft in der Fussgängerzone seit Jahrzehnten selbst gestaltete Ledertaschen und steht täglich wie aus dem Ei gepellt im Anzug in seinem Laden. «Ich lerne jeden Tag neue Leute kennen. Das ist fantastisch.» Dass das Dorf-Original jede Menge Anekdoten auf Lager hat, versteht sich von selbst. So sei damals in den Sechzigern US-Schauspielstar Paulette Goddard regelmässig in seinen Laden gekommen. Die Ex-Frau von Charlie Chaplin lebte bis zu ihrem Tod im Jahr 1990 in Ronco oberhalb von Ascona. «Sie war unglaublich schön und wollte mich ständig davon überzeugen, einen Laden in New York zu eröffnen. Gekauft hat sie nie etwas. Was nützte mir da ihre Schönheit?», meint er schelmisch.
Am schönsten ist der Augenblick
Wie sich das Dorf im Laufe der Zeit verändert hat? «Ascona ändert sich jeden Tag, jede Stunde», sagt Brunoni. «Und am schönsten ist es immer gerade im Augenblick.» Zum Beispiel um zwei Uhr morgens an der Seepromenade, wenn alles ruhig ist und man nur die sanften Wellen des Lago Maggiore hört. Oder wenn man sich an einem Sonntagnachmittag vom Trubel in der Fussgängerzone treiben lässt. Dass in dem Ferienort die Geschäfte sonntags geöffnet sind, macht ihn auch zum beliebten Wochenend-Ausflugsziel für Tessinerinnen und Tessiner: shoppen, flanieren, ein feines Mittagessen. Für Letzteres gibt es unzählige Möglichkeiten, vom GaultMillau-Tempel bis zum heimeligen Grotto. Und beim Gedanken an die Tessiner Spezialitäten läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Wobei viele davon nicht gerade leicht sind: Risotto (auf dem Gemeindeboden von Ascona wächst Reis), Brasato (Braten) mit Merlot-Sauce oder Ossobuco (geschmorte Kalbshaxe). Aber wer sagt denn, dass man im Sommer nur Caprese (Tomaten mit Mozzarella) essen darf?
Apropos Sommer und Winter: Die beiden Jahreszeiten sind sozusagen die zwei Gesichter von Ascona. Die Sommersaison dauert von Ostern bis September und ist geprägt vom Tourismus – gut 80 Prozent der Touristen kommen aus der Deutschschweiz. Dann sind die Hotels und die Seebäder voll, die Gelaterie verkaufen ihre Glace im Akkord, und das Nachtleben brummt. Im Winter wirds dann ruhiger, die gut 5600 Menschen, die das ganze Jahr über im Dorf wohnen, sind mehr unter sich. «Ich liebe beide Seiten von Ascona», sagt Guido Casparis. «Wobei sich auch im Sommer immer Orte finden, an denen es ruhig ist.» Sein Lieblingsplatz ist das Kirchlein von San Michele, von wo aus man einen fantastischen Ausblick übers Dorf hat.
Ein Ort für Familien
Einen speziellen Lieblingsort habe er nicht, sagt Giorgio Gilardi. «Es ist der Mix, der den Ort so speziell macht. Ascona bietet alles: den See und die Promenade mit dem mediterranen Flair, die Hügel und Berge zum Wandern, die Wälder und Wiesen.» Ein wunderbarer Ort zum Leben und eine tolle Gemeinde für Familien, sagt Guido Casparis. Der Familienvater ist schon in Ascona aufgewachsen. «Wir haben das beste Leben überhaupt – und finden trotzdem immer einen Grund zum Meckern. Das ist wohl auch ein bisschen typisch Asconese», meint der Hotelier grinsend.
Einen echten Grund, sich zu beklagen, haben wohl tatsächlich nur wenige. Zwar sind auch hier die Mieten gestiegen, es gebe aber immer noch einige Zonen in Ascona, wo Einheimische gut leben können. Bisher werde man hier nicht wie in anderen beliebten Ferienorten aus dem Ort verdrängt. Das ist wichtig, denn Ascona glänzt wegen des Zusammenspiels von Einheimischen und Gästen. Nur wenn das funktioniert, bleibt Ascona, was es ist: die Schöne, die man nie verlassen will.