So erklärt die Staatsanwaltschaft das Skandal-Urteil von Julia B.
«Für die Fahrerin war es keine Kleinigkeit»

Julia B. (19) fuhr Andrea Kolb (47) ein Bein ab. Dafür kassierte sie nun eine Busse von 1200 Franken – ein angemessenes Urteil, laut dem Generalstaatsanwalt.
Publiziert: 08.06.2017 um 12:27 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:08 Uhr
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Unfallopfer Andrea Kolb verlor beim schweren Autounfall ihr Bein.
Foto: Toini Lindroos

Ein schrecklicher Unfall im August 2016 hat Andrea Kolbs (47) Leben für immer verändert: Julia B.* (19) fährt sie über den Haufen und macht sich dann aus dem Staub. Kolb wird beim Crash lebensgefährlich verletzt: Ihr Bein muss amputiert werden, Ober- und Unterarm sind mehrfach gebrochen. Die Fahrerin flüchtete nach dem Unfall und tauchte zwei Tage ab, um dem Alkohol- und Drogentest zu entgehen.

Julia B. fuhr letzten Sommer Andrea Kolb über den Haufen. Jetzt hat sie eine milde Strafe erhalten: 1200 Franken Busse und eine Bewährungsstrafe.
Foto: Zvg

Am Donnerstag machte BLICK das Kuschel-Urteil für Rowdy B. publik: Nur 1200 Franken Busse. Der Rest der Strafe ist auf Bewährung (zwei Jahre). Glück für die BMW-Fahrerin: Fahrlässige Körperverletzung kann mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden.

Für das Opfer Andrea Kolb ist das Strafmass ein Schlag ins Gesicht. Und auch BLICK-Leser verstehen die Welt nicht mehr, wie den Kommentaren zu entnehmen ist. 

Jetzt erklärt die Staatsanwaltschaft Thurgau ihr Kuschel-Urteil.

Die Folgen des Unfalls spielen keine Rolle

Aus der Sicht von Laien könne er nachvollziehen, dass das Urteil milde wirke – aus der Sicht des juristischen Fachmanns dagegen nicht, sagt der Generalstaatsanwalt des Kantons Thurgau Hans-Ruedi Graf zu BLICK.

«Dass das Urteil nicht härter ausfällt, hängt unter anderem damit zusammen, dass die Fahrerin eine ganz junge Frau ist und nicht vorbestraft. Zudem kommt, dass der Unfall für die Unfallverursacherin wohl auch keine Kleinigkeit war.» 

Der Generalstaatsanwalt des Kantons Thurgau Hans-Ruedi Graf nimmt Stellung zum Strafbefehl von Julia B.
Foto: Zvg

Und dem Strassen-Rowdy wird von der Staatsanwaltschaft noch mehr zu Gute gehalten: Das Opfer war beim Unfall linksseitig auf der Strasse, in einer unübersichtlichen Kurve unterwegs. «Das Strafrecht orientiert sich an dem, was man der Unfallverursacherin vorwerfen kann und nicht an den gravierenden Folgen des Unfalls.»

Die Fahrerflucht lohnte sich nicht

Ob Julia B. die Tat im Rausch oder wegen Ablenkung durch das Handy beging, konnte nicht nachgewiesen werden. Generell sei es sinnfrei, einen Nachweis mittels Fahrerflucht verhindern zu wollen und damit besser dazustehen, sagt der Generalstaatsanwalt: «Eine derartige Vereitelung darf sich nicht lohnen – die Strafe wäre deshalb wohl kaum härter ausgefallen, wenn Betäubungsmittel oder Alkohol nachgewiesen worden wäre.»

Der Fokus der Bestrafung liege auf der bedingten Geldstrafe, «die immerhin fünf Monaten Freiheitsstrafe entspricht», sagt Graf. Der Vorteil für Julia B: Diese muss die junge Frau erst leisten, wenn sie nochmals einen ähnlichen Unfall baut. (kra)

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