Ein 34-jähriger Mann aus Gelterkinden BL soll beim Sex mit einer Escort-Dame heimlich sein Kondom entfernt haben – nun könnte er dafür ins Gefängnis kommen. Er steht seit gestern vor dem Baselbieter Strafgericht in Muttenz, berichtet die «Basellandschaftliche Zeitung».
Der Bauarbeiter bestellte das Callgirl im August 2017 zu sich nach Gelterkinden und bezahlte ihr 400 Franken. Erst ging es im elterlichen Schlafzimmer mit Kondom zur Sache, dann fuhren die beiden im Bett des Mannes fort. Nach dem Stellungs- und Schlafzimmerwechsel bemerkte die Frau, dass das Kondom fehlte. Sie brach ab, ging ins Spital zur HIV-Prophylaxe und erstattete später Anzeige.
«Stealthing» nennt sich die gefährliche Praxis – und ist in der Schweiz noch juristisches Neuland: Im Januar 2017 verurteilte das Strafgericht in Lausanne erstmals einen Mann wegen Vergewaltigung, weil er beim Sex heimlich und gegen den Willen der Frau das Kondom entfernt hatte. Das Kantonsgericht Waadt hat die Verurteilung bestätigt, den Sachverhalt aber als Schändung eingestuft. Bei einer Vergewaltigung wird Zwang vorausgesetzt, bei der Schändung geht es um eine Widerstandsunfähigkeit.
«Angriff auf die sexuelle Integrität»
Auch im aktuellen Fall ist der Mann wegen Schändung angeklagt. Die Staatsanwältin fordert eine unbedingte Freiheitsstrafe von 14 Monaten und einen Landesverweis von 7 Jahren für den Mann, der einen bosnischen Pass hat und im Primarschulalter in die Schweiz kam. «Es war ein Angriff auf die sexuelle Integrität», begründet sie. «Er handelte hinterhältig und entledigte sich des Kondoms, als sie ihm den Rücken zugewandt hatte». Die Frau habe sowohl im Vorgespräch als auch auf ihrer Website klar gemacht, dass sie Sex nur mit Gummi anbiete.
Der Angeklagte gab zu, das Kondom für Oralverkehr zwischendurch abgestreift zu haben, dies sei jedoch abgemacht gewesen. Der Streit sei eskaliert, als die Frau Geld nachgefordert habe. Sein Verteidiger argumentiert, die Frau sei nicht zum Widerstand unfähig gewesen: «Sie sagte aus, sie mache immer Kontrollblicke, ob ihre Kunden das Kondom auch tragen.» Widerstandsunfähig wäre sie nur gewesen, wenn sie nicht damit gerechnet hätte, so der Verteidiger.
Der Mann ist bereits wegen Betrug und Körperverletzung vorbestraft – es ist aber umstritten, ob dies für den aktuellen Fall relevant ist. Heute Dienstag soll das Urteil fallen. (rey)