G7 streiten heute über Handel und Weltwirtschaft ...
... und Trump freut sich aufs Frühstück

China, der brennende Regenwald, ein mögliches Abschlussdokument: Das Zoff-Potential ist am G7-Gipfel im französischen Badeort Biarritz gross. Ausgerechnet der US-Präsident sieht das anders.
Publiziert: 25.08.2019 um 08:33 Uhr
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Aktualisiert: 26.08.2019 um 09:15 Uhr
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Donald Trump geniesst seinen Frankreich-Aufenthalt.
Foto: imago images / Sammy Minkoff

Donald Trump (73) hat gerade eine gute Zeit in Frankreich. «Wir haben sehr gute Meetings und alle verstehen sich super», twitterte der US-Präsident am Sonntagmorgen über das Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben grossen Industrienationen (G7).

Spannungen oder gar ein «Desaster» will Trump nicht ausmachen. Im Gegenteil: Die Stimmung sei prächtig. Er müsse jetzt los – zum Arbeitsfrühstück mit Briten-Premier Boris Johnson (55). Es ist das erste Mal, dass Johnson in seiner neuen Funktion auf den US-Präsidenten trifft.

Viel Zoff-Potential am zweiten Gipfeltag

Ob der US-Präsident in Frankreich am heutigen zweiten Gipfeltag tatsächlich so grossartige Stunden erlebt, darf mindestens bezweifelt werden. Die Handelsstreitigkeiten der USA mit China und Europa und die dadurch belastete Weltwirtschaft stehen am Sonntag im Mittelpunkt der Beratungen.

Während Trump seinen Handelskrieg mit China unmittelbar vor dem Gipfel noch einmal verschärft hat, drängen die anderen G7-Partner den amerikanischen Präsidenten, grundsätzlich von Strafzöllen abzusehen, um seine handelspolitischen Ziele zu erreichen.

Trump und die Europäer im Handelskrieg

Auch mit den Europäern liegt Trump im Dauerstreit, da er nicht nur Zölle auf europäische Autos, sondern zuletzt auch auf französischen Wein androhte. Auslöser sind die Pläne des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, eine Steuer von globalen Internet-Unternehmen wie Google, Amazon, Facebook und Apple zu erheben. Da viele von ihnen ihren Sitz in den USA haben, ist Trump gegen die Steuer.

Macron dringt auf Gleichstellung von Frauen

Bei einem Mittagessen geht es zusammen mit Vertretern der Vereinten Nationen, der Weltbank und des Währungsfonds anschliessend um die Gleichstellung von Frauen. Das Thema Gleichheit hat Gastgeber Macron (41) in den Mittelpunkt der dreitägigen Beratungen gestellt. An dem Treffen nehmen ausser Macron und Trump noch Kanzlerin Angela Merkel sowie die Regierungschefs aus Grossbritannien, Italien sowie Kanada und Japan teil.

Die Chefin der Entwicklungsorganisation ONE, Gayle Smith, forderte endlich «Fortschritte statt Versprechen» für Frauen. Durch die Reform von Gesetzen und Zugang zu Kapital müssten «Veränderungen im System» erreicht werden, sagte die ONE-Chefin der Deutschen Presse-Agentur. Gleichberechtigung sei nicht nur gerecht, sondern auch schlau. «Niemand bringt seine Wirtschaft dazu, zu funktionieren und zu liefern, wenn nicht die strukturellen Hindernisse für die Hälfte seiner Bevölkerung beseitigt werden.»

Finanzspritzen gegen Aids

Nachdem die EU in Biarritz bereits weitere 550 Millionen Euro für den Globalen Fonds zum Kampf gegen Aids, Malaria und Tuberkulose in Aussicht gestellt hat, wurde erwartet, dass auch andere Länder wie Deutschland grössere Beiträge ankündigen werden.

Front gegen Regenwald-Brände

Es wurde auch damit gerechnet, dass Macron eine gemeinsame Initiative zum Kampf gegen die verheerenden Brände im Amazonas verkünden wird. Der Präsident hatte die Waldbrände wegen der Bedeutung des Amazonasgebiets für den Klimawandel kurzfristig auf die Tagesordnung gehoben. Dagegen hatte sich Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro gegen eine Einmischung und Ratschläge aus dem Ausland gewehrt.

Umweltschützer werfen ihm vor, ein politisches Klima geschaffen zu haben, in dem Brandrodungen geduldet werden. Die Europäer erhöhten den Druck auf den rechtspopulistischen Präsidenten Brasiliens, indem angesichts der Brände das grundsätzlich vereinbarte Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten infrage gestellt wird.

Gibt es weitere Krawalle?

G7-Gegner haben für Sonntag neue Proteste angekündigt. Am Vorabend gab es erste Ausschreitungen. In Bayonne, einer Nachbarstadt von Biarritz, kam es bei einer Demonstration von mehreren Hundert Gipfelgegnern zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, die Wasserwerfer und Tränengas einsetzte, nachdem Steine geflogen waren. Hingegen demonstrierten im 30 Kilometer von Biarritz entfernten Badeort Hendaye am Samstag nach Angaben der Veranstalter etwa 15'000 Menschen friedlich.

Am Abend berichtete die Nachrichtenagentur AFP dann unter Berufung auf die örtliche Präfektur von mindestens 68 Festnahmen am Rande des Gipfels. Orte und Umstände der Festnahmen blieben zunächst offen. Der Gipfel wird von 13'000 Sicherheitskräften im weiträumig abgeriegelten Biarritz gesichert.

Einigen sich die G7 doch noch auf ein Abschlussdokument?

Das Augenmerk liegt bei diesem Gipfel vor allem auf drei Teilnehmern: Trump, der den letzten Gipfel per Twitter nachträglich platzen liess, indem er das Abschlussdokument für nichtig erklärte. Dem britischen Premierminister Boris Johnson, für den es die Premiere auf der grossen Gipfelbühne ist – er trifft am Sonntagmorgen erstmals in neuer Funktion Trump. Und Macron, der nach dem denkwürdigen Scheitern im vergangenen Jahr als Gastgeber nun vieles anders machen möchte.

Erstmals in der 44-jährigen Geschichte des illustren Clubs ist zumindest von vornherein kein gemeinsames Abschlusscommuniqué mehr geplant. Ob es tatsächlich dabei bleibt, war noch unklar. Beobachter hielten es auch für möglich, dass zumindest geplante Dokumente zu Einzelthemen zu einer gemeinsamen Erklärung zusammengebaut werden. (kin/SDA)

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